Cover des Buches Die Mauern des Schweigens (ISBN: 9783941657601)
Rezension zu Die Mauern des Schweigens von Lilo Beil

Rezension zu "Die Mauern des Schweigens" von Lilo Beil

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 12 Jahren

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 12 Jahren
Der Krimi ist der fünfte Fall für den Heidelberger Kommissar Gontard. Zwar ist er mittlerweile pensioniert, doch das hält ihn nicht davon ab, kräftig mitzumischen. Das Hauptthema ist Kindesmissbrauch. Auch wenn es ein ernstes Thema ist, ist die Geschichte dadurch keineswegs düster. Allerdings gibt es viele traurige Momente und Begebenheiten, in denen man am liebsten laut schreien will: Wieso tut niemand etwas? Es ist erschütternd, wie Eltern und Bekannte wegschauen, die Täter geschützt und die Opfer kriminalisiert werden. Und genau diese Umstände werden in diesem Roman angeprangert. So wird das Thema auch in Nebensträngen behandelt, die nichts mit dem eigentlichen Fall zu tun haben. Beispielsweise gibt es einen Vorfall auf einem Schüleraustausch, bei dem Frau Gontard als Betreuerin dabei ist. Und natürlich wird auch die Odenwaldschule angesprochen. Mich haben dabei vor allem die Briefe eines kleinen Mädchens berührt, die es, weil es sich niemandem sonst anvertrauen konnte, an den lieben Gott geschrieben hat. Man bekommt eine Vorstellung davon, wie es in so einem Kind aussehen muss, spürt seine Hilflosigkeit, als es dem Täter wehrlos ausgeliefert ist, und seine Verzweiflung, als Gott nicht antwortet. In der Geschichte spielt Liselotte von der Pfalz eine große Rolle. Sie lebte in der Barockzeit, war Herzogin von Orléans und Schwägerin vom Sonnenkönig Ludwig XIV. In ihrem Leben soll sie etwa 60.000 Briefe über das Leben am französischen Hof geschrieben haben. Dabei nimmt sie kein Blatt vor den Mund und schildert ihre Beobachtungen sehr anschaulich. Liselotte von der Pfalz taucht ständig irgendwo auf. So spielen beispielsweise einige ihrer Briefe eine Rolle in den Mordfällen und Gontards Tochter schreibt gerade eine Seminararbeit über sie. Entweder ist die Autorin ein Liselotte-Fan, oder diese historische Figur ist einfach äußerst populär in der Gegend um Heidelberg. Die Handlungsorte sind vor allem Heidelberg und umliegende Dörfer. Alles wird sehr bildreich beschrieben, so dass man sich direkt dorthin versetzt fühlt. Leider spielt der Zufall eine zu große Rolle. Oft taucht Liselotte von der Pfalz als Verbindung auf oder Personen, die auf den ersten Blick nichts gemeinsam haben, kennen sich plötzlich. Auch den Ermittlern fällt vieles in den Schoß und außer Zeugenbefragungen scheinen sie nicht viel zu tun. Insgesamt gefiel mir die Geschichte allerdings recht gut. Sie ist zwar etwas umständlich geschrieben, lässt sich aber nichtsdestotrotz flüssig lesen. Allerdings ist sie auch etwas vorhersehbar und vieles geschieht zufällig oder zu einfach. Trotzdem ist der Krimi spannend und man kann wild spekulieren, was mir beim lesen immer besonders viel Spaß macht. Sehr gut hat mir auch die Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart gefallen, die durch die Briefe entsteht. Außerdem wird ein wichtiges Thema einfühlsam angesprochen, über das in unserer Gesellschaft immer noch am liebsten geschwiegen und das viel zu gering bestraft wird. Man wird schon sehr nachdenklich und fragt sich, ob man aufmerksam genug durchs Leben geht.
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