“Animant Crumbs Staubchronik“, handelt von Animant (kurz Ani), der Tochter eines englischen Landadels, die 1890 im heiratsfähigen Alter ist. Ihre Mutter bringt Ani von Party zu Party, um den perfekten Ehemann für sie zu finden, doch Ani will von den meisten Leuten auf dem Land nichts wissen. Sie verbringt ihre Zeit lieber mit Büchern und ist geradezu gelangweilt, wenn das Allgemeinwissen ihrer Gesprächspartner:innen kleiner ist als ihr eigenes. Als ihr Onkel ihr eine Stelle als Assistentin des Bibliothekars für einen Monat an einer Uni in London anbietet, willigt Ani ein, um von den Heiratsplänen ihrer Mutter wegzukommen und um von Büchern umgeben zu sein. Der Harken an der Sache ist allerdings ihr Chef, der griesgrämige Mr. Rees, der viel von seinen Assistenten abverlangt, so dass die Meisten nach kurzer Zeit wieder kündigen.
Auch Ani hat ihre Schwierigkeiten mit ihrem Chef, sowohl auf menschlicher, als auch auf professioneller Ebene. Doch von ihm wird sie sich davon abbringen lassen, sich selbst zu beweisen, was sie kann. Hilfe bekommt sie dabei von ihrer Freundin Elisa, einer Studentin an einer Universität für Frauen, die ebenfalls auf Ani und ihren Zugang zur Bibliothek angewiesen ist. Nebenbei versucht Animant rauszufinden, was es mit ihrem mysteriösen Chef und seinem Verschwinden mittwochs und freitags nachmittags auf sich hat.
Die Idee für die Story finde ich unglaublich spannend: Animant lässt ihr privilegiertes Zuhause hinter sich und taucht oberflächlich und in einem vorerst geschützten Rahmen in das Leben der Arbeiter:innen ein. Dazu muss man natürlich dran denken, dass das Buch in 1890 spielt und es für privilegierte junge Frauen unüblich ist zu arbeiten. Animant fällt aus dem klassischen Frauenbild, sie ist gebildet und sarkastisch und ich muss ehrlich sagen, das lässt sie manchmal etwas überheblich wirken. Doch das legt sich auch im Buch und sie reflektiert ihr eigenes Verhalten, was sie ziemlich sympathisch wirken lässt. Ihr scharfer Verstand ist wohl ihre größte Stärke und es ist schön zu sehen, dass sie diesen nicht nur zu ihrem eigenen Nutzen einsetzt, sondern auch, um ihre Freund:innen und Familie zu unterstützen. Wenn diese Pläne nach hinten losgehen, habe ich mit Ani mitgelitten. Also für mich ist sie ganz klar eine Protagonistin, in die man sich gut hineinversetzten kann und die einen auch mal daran erinnert, dass Intelligenz im Leben nicht alles ist und vor allem kein guter Grund, um sich über andere zu stellen. Leider war mir das Ende viel zu abrupt, weshalb es eigentlich einen halben Stern Abzug gäbe.
Was mir unglaublich gut gefallen hat, ist der Schreibstil von Lin Rina. Sie schreibt hier so unglaublich fesselnd, dass ich das Buch kaum weglegen konnte und so in zwei Tagen durchgelesen habe. Gut, einer davon war ein Sonntag, aber trotzdem. Und da ich die Schmuckausgabe gelesen habe, ein paar Worte dazu: Das Hardcover fühlt sich unglaublich edel an und natürlich sieht das Buch mit dem Farbschnitt absolut fantastisch aus, also dafür wirklich ein Lob an das Drachenmond-Team! Ich glaube, hätte ich die Softcover-Version, würde ich sie nicht so präsent ausstellen wie diese Ausgabe!
Das Buch hat mir so gut gefallen, dass es fast schon schade ist, dass dieser teil ein Standalone ist. Wenn‘s im März zum Frühlingsfest im Drachenmond-Verlag geht, kommt auf jeden Fall der Spin-off Titel? / Nachfolger im Geiste? „Elisa Hemmilitons Kofferkrimi“ mit nach Hause, vielleicht auch „Animants Welt“, denn diese Reihe hat mich so gehooked, dass ich mehr über diese Welt erfahren will! Ganz klare Empfehlung!