Rezension zu "Why Have There Been No Great Women Artists?: 50th Anniversary Edition" von Linda Nochlin
Anmerkung: ich bewerte hier nicht den Essay von Lina Nochlin (denn dieser ist ganz einfach fantastisch und wichtig), sondern die Ausgabe des Buches!
Denkt man an Gemälde aus vergangenen Epochen, fallen meist zuerst die ganz großen Maler ein, wie beispielsweise Vincent van Gogh, Rembrandt oder Dürer. Versucht man jedoch eine bekannte Künstlerin von damals zu nennen, ist dies meist schwer. Doch warum ist das eigentlich so? Genau damit beschäftigte sich Linda Nochlin. (Kunsthistorikerin, die die feministische Kunstgeschichte mit ihrem Essay ins Leben rief) In meinen Augen ist dieses Büchlein augenöffnend, wirklich anregend und wichtig!
"[...] since it seems probable that the answer to why there have not been no great women artist lies not in the nature of individual genius or the lack of it, but in the nature of given social institutions and what they forbid or encourage in various classes or groups of individuals." (S. 42)
Es wird vor allem geklärt, dass es Frauen damals schwieriger hatten eine besagte Kunstausbildung zu bekommen. Meist waren es die Gesellschaft oder die sozialen Umstände, die dafür gesorgt haben, dass Frauen nicht so groß herauskamen, wie bestimmte Maler. Es lag nicht daran, dass sie weniger talentiert waren - sondern schlichtweg an der Gesellschaft!
Dieses Buch ist in mehrere Abschnitte gegliedert. Es gibt ein kurzes Vorwort von Catherine Grant, danach wurde der vollständige Essay von Linda Nochlin abgedruckt und anschließend gibt es eine kurze Zusammenfassung der feministischen Kunstgeschichte dreißig Jahre später nach Veröffentlichung des Essays. Zwischendurch gibt es Malereiein, die teilweise auch doppelseitig abgebildet wurden.
"Like all other forms of historial discourse, it had to be constructed. [...] Since that time, feminist art history and criticism, and, more recently, gender studies, have become an important branch of the discipline." (S.101)
Ich hatte mir an manchen Stellen gewünscht, dass man bei bereits bestehenden Gemälden nach feministischen Aussagen gesucht hätte. Abseits von Malereien der Malerin Gentileschi, wird auch bei Gemälden wie "Das Frühstück im Grünen" von Édouard Manet argumentiert, dass seine Darstellung der Frau auf diesem Gemälde feministisch sei. Da hätte ich mir gerne noch mehr Input zu gewünscht, denn bei diesem Buch hätten es ruhig noch ein paar Seiten mehr sein dürfen.
Ansonsten kann ich diese Ausgabe nur empfehlen. Feministische Kunstgeschichte ist einfach nicht mehr wegzudenken und jede:r Kunstliebhaber:in sollte sich damit beschäftigt haben. Als Einstieg eignet sich diese Ausgabe hervorragend. Ich vergebe hier 4/5 Sternen, da ich mir noch eine intensivere Auseinandersetzungen mit feministischen Motiven in Gemälden gewünscht hätte.