Cover des Buches Die Sehnsucht der Atome (ISBN: 9783442470686)
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Rezension zu Die Sehnsucht der Atome von Linus Reichlin

Rezension zu "Die Sehnsucht der Atome" von Linus Reichlin

von Ruffian vor 12 Jahren

Rezension

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Ruffianvor 12 Jahren
Hannes Jensen ist 50 Jahre alt und Inspektor in Brügge. Seine große Leidenschaft ist jedoch die Physik, was immer wieder in das Buch einfließt, wenn er ins Schwärmen oder Erklären kommt. Ich hatte Bedenken, ob ich das verstehe, aber der Autor hat das so anschaulich beschrieben, dass auch ich Physiklaie alles verstanden habe. Da geht es z.B. um die Sehnsucht der Atome nach Vollständigkeit. Besonders schön fand ich Jensens Gedanken zum Heliumatom: „Seit Bollingers Vortrag stand dieses Atom Jensen als warnendes Beispiel vor Augen, für die Unlust, sich zu binden. Das Heliumatom besaß in seiner einzigen, inneren Schale zwei Elektronen, und es fühlte sich damit vollendet und ging auf der Erde mit keinem anderen Atom je eine Symbiose ein. Es wechselwirkte mit nichts, es war vollkommen, aber auch vollkommen allein.“ Fünf Tage vor Jensen Frühpensionierung erscheint ein Amerikaner auf dem Polizeirevier und behauptet, dass sein Leben bedroht wird. Jensen begleitet ihn daraufhin in sein Hotel, wo er voller Ensetzen die eingeschüchterten und verängstigten Kinder des Amerikaners vorfindet. Diese Situation ruft schlimme Kindheitserinnerungen in Jensen wach, doch er kann nichts für die Kinder tun. Auch eine Bedrohung für den Amerikaner kann er nicht feststellen und er geht schweren Herzens wieder. Doch am nächsten Tag ist der Amerikaner tot und die Kinder sind verschwunden. Das wirft natürlich kein gutes Licht auf Jensen, den dieser Fall einfach nicht loslässt und so macht er sich auf nach Amerika, um der Spur der Kinder zu folgen und das Rätsel um den Tod des Vaters zu lösen. Begleitet wird er von der blinden Witwe Annick, die er eigentlich gar nicht dabei haben will, deren sturen und kompromisslosen Art er sich jedoch nicht verweigern kann. Die beiden geben ein merkwürdiges Gespann ab, denn ihr Verhältnis zueinander ist angespannt und gereizt. Ihre Reise bis ins Hochland von Mexiko kam mir mehr wie ein Roadmovie mit surrealen Momenten vor, als wie ein Krimi. Unterwegs begegnen sie merkwürdigen Personen, deren menschliche Schwächen und körperliche Mängel gnadenlos und stellenweise fast schon abstoßend dargestellt werden. Dann wieder erfahren sie Unterstützung und Nächstenliebe, wo sie es nicht erwartet hätten. In diesem Buch geht es nicht nur um einen Mord, sondern auch um Trauer, Schuld, Einsamkeit , die Macht von Gebeten und die Kraft des Glaubens, was ich besonders faszinierend fand. Die ruhig erzählte Geschichte zog mich in ihren Bann und der Schreibstil des Autors hat mir gut gefallen. Auch wenn das Buch sich anders entwickelte als ich erwartet hatte, hat es mir gut gefallen, vielleicht gerade weil es so aus dem Rahmen fällt. Der Tod des Amerikaners wird nicht explizit aufgeklärt, aber aufgrund einiger Aussagen, habe ich meine ganz eigene Theorie entwickelt, mit der ich gut leben kann. Fazit: Ein ungewöhnlicher Krimi, der sicher nicht jedermanns Geschmack ist, mir aber gut gefallen hat.
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