Rezension zu In einem anderen Leben von Linus Reichlin
Reichlings erster wirklicher Entwicklungsroman, der unter die Haut geht.
von Monsignore
Kurzmeinung: Eine lebenslängliche verkrümmte Kindheit wird ausgegraben - spannend und tiefgründig.
Rezension
Monsignorevor 9 Jahren
Erster Eindruck: Bitte nicht! Nicht schon wieder ein Erzähler jenseits der Vierzig, der Kindheitstraumata ausgießt, von der schweren Belastung durch Herzlosigkeit, Alkoholismus und Lebensunfähigkeit seiner Eltern schwadroniert. Und bitte nicht wieder die sattsam bekannte Chose von der genetischen Verkorksung, von der unausweichlichen Vorbelastung beim Umgang mit dem eigenen Kind ... früher ging man mit einem solchen Lattenschuss ins Kloster oder wurde Priester, heute wird man Psychologe oder Schriftsteller ...
Doch nein, das Buch ist gänzlich anders. Es geht tiefgründig, authentisch, wohl überlegt und höchst emotional mit dem tatsächlich vorhandenen Problem um, von kaputten Eltern nachhaltig geschädigt worden zu sein. Wunderbare Sätze, klare Gedankengänge und Lebensweisheit stecken im Text. Die Figuren lassen sich mit viel Leben erlesen, in der Handlung steckt ernst gemeinte Energie. Nicht zuletzt durch einen klugen Kunstgriff: Ein Gemälde eines flämischen Meistern rückt ins Zentrum des Geschehens, der betrügerische Verkauf einer Kopie. Damit wird ein geschickter Spannungsbogen erzeugt.
Kein Wühlen in verlorener Kindheit, sondern klare Analyse, die allerdings am entscheidenden Punkt stecken bleibt: Es fehlt das Erwachsenwerden, es fehlt der echte Bruch mit den Eltern, die heilende Distanz, das Isolieren des Bösen, das berechtigte Zurückschlagen. Der Protagonist bleibt gefangen, feige, wird zum billigen Nachfahren seines Vaters, kann sich nicht befreien. In der Schlussszene gaukelt er sturzbesoffen seiner kleinen verängstigten Tochter Vaterliebe vor und sollte sich eigentlich den Magen leer kotzen.
Ganz schlimm: Das verunglückte Cover des Buches (grob verpixelt wird eine Wassersportszene dargestellt), es suggeriert einen leichten Sommer-Sonne-Strand-Roman.
Voll daneben: Der Text auf der Rückseite. Es geht nicht um die "Sehnsucht danach, aus Ihrer Familiengeschichte auszubrechen". Es ist pure Not und Überlebensnotwendigkeit, der Familiengeschichte den Todesstoß zu versetzen.
Zudem sind viele Rechtschreibfehler im Buch.
Der Autor hat an diesem Text sicherlich hart gearbeitet, der Verlag hat schlampig gearbeitet. Aus Sicht eines Buchhändlers, der diesen Text schreibt, hat der Verlag die Verkaufschance des Buch damit beträchtlich gesenkt. Und das ist sehr schade, denn das Buch ist lesenswert und bemerkenswert, es hat mich, immer abends gelesen, intensiv in mehrere Tage hinein begleitet.
Doch nein, das Buch ist gänzlich anders. Es geht tiefgründig, authentisch, wohl überlegt und höchst emotional mit dem tatsächlich vorhandenen Problem um, von kaputten Eltern nachhaltig geschädigt worden zu sein. Wunderbare Sätze, klare Gedankengänge und Lebensweisheit stecken im Text. Die Figuren lassen sich mit viel Leben erlesen, in der Handlung steckt ernst gemeinte Energie. Nicht zuletzt durch einen klugen Kunstgriff: Ein Gemälde eines flämischen Meistern rückt ins Zentrum des Geschehens, der betrügerische Verkauf einer Kopie. Damit wird ein geschickter Spannungsbogen erzeugt.
Kein Wühlen in verlorener Kindheit, sondern klare Analyse, die allerdings am entscheidenden Punkt stecken bleibt: Es fehlt das Erwachsenwerden, es fehlt der echte Bruch mit den Eltern, die heilende Distanz, das Isolieren des Bösen, das berechtigte Zurückschlagen. Der Protagonist bleibt gefangen, feige, wird zum billigen Nachfahren seines Vaters, kann sich nicht befreien. In der Schlussszene gaukelt er sturzbesoffen seiner kleinen verängstigten Tochter Vaterliebe vor und sollte sich eigentlich den Magen leer kotzen.
Ganz schlimm: Das verunglückte Cover des Buches (grob verpixelt wird eine Wassersportszene dargestellt), es suggeriert einen leichten Sommer-Sonne-Strand-Roman.
Voll daneben: Der Text auf der Rückseite. Es geht nicht um die "Sehnsucht danach, aus Ihrer Familiengeschichte auszubrechen". Es ist pure Not und Überlebensnotwendigkeit, der Familiengeschichte den Todesstoß zu versetzen.
Zudem sind viele Rechtschreibfehler im Buch.
Der Autor hat an diesem Text sicherlich hart gearbeitet, der Verlag hat schlampig gearbeitet. Aus Sicht eines Buchhändlers, der diesen Text schreibt, hat der Verlag die Verkaufschance des Buch damit beträchtlich gesenkt. Und das ist sehr schade, denn das Buch ist lesenswert und bemerkenswert, es hat mich, immer abends gelesen, intensiv in mehrere Tage hinein begleitet.