Rezension
Das erste Kapitel hat mich umgehauen; Die Sprache, die Spannung, der Inhalt. Danach hätte alles kommen können, es wäre mir egal gewesen, ich war baff und überzeugt. Von der Geschichte und der Autorin. Danach kam die Geschichte um Sara, ihre Ermordung, und die Hinterbliebenen. Die Trauer und die Schuld. Das Leben danach und der Selbstmordversuch der Mutter. Jeder versucht irgendetwas, dass er mit sich herum schleppt, abzuwälzen, los zu werden, zu töten. Teilweise war die Geschichte so intensiv (für mich), dass das Lesen weh tat. Immer diese intensiven Wiederholungen, die bildhafte Sprache; sowas spricht mich sehr an. Ja, man merkt Lisa-Marie Dickreiter die Drehbuch-Wurzeln an, das hat meinem Kopfkino aber keinen Abbruch getan, im Gegenteil.
Es kam vor, dass ich mich während dem Lesen fragte, ob man das überhaupt will: So genau wissen wie es jemandem geht, der diesen Verlust erlebt hat, als Außenstehender. Will man so tief in diesen Strudel aus Trauer und Wut und Hilflosigkeit hineinschauen? Ich bin mir nicht sicher. Das Ende der Geschichte ist offen, lässt Hoffnung zu und ich hab danach gegriffen wie ein Ertrinkender, damit ich die Frage nicht beantworten muss.
Ich finde es gut, dass die eigentliche Tat bzw. der Täter so wenig Raum im Buch einnimmt. Er hat kein Gesicht, keinen Namen – klar, das Verbrechen ist so entsetzlich, vielleicht gibt es dafür keinen Namen, und der nicht präsente Täter ist Ausdruck dafür. Das weiß ich nicht, und darüber lässt sich diskutieren. Es ist einfach eine Anmerkung meinerseits, etwas das mir aufgefallen ist, und mir gefiel.
Ich mag Simon am liebsten, in dieser Geschichte. Er ist derjenige, der am Meisten abkriegt, doch am wenigsten kaputt ist, und sich nicht davon stiehlt. Ein paar Mal flüsterte ich ihm zu: Hau ab. Er hat es nicht gemacht. Dafür bewundere ich ihn.