Rezension zu Vom Atmen unter Wasser von Lisa-Marie Dickreiter
Rezension zu "Vom Atmen unter Wasser" von Lisa-Marie Dickreiter
von walli007
Rezension
walli007vor 12 Jahren
Warum Trauer nicht sympathisch macht Familie Bergmann ist keine Familie mehr, denn vor fast einem Jahr wurde die 16jährige Sarah brutal umgebracht. Der Mörder ist gefasst und verurteilt, doch das Leben der Familie ist stehen geblieben. In ihrer Verzweiflung unternimmt die Mutter Anne einen Selbstmordversuch und kann gerade noch von Jo, dem Vater, gerettet werden. Auf dem älteren Bruder Simon lastet nun eine schwere Bürde, da sein Vater ihn, den Medizinstudenten, mehr oder weniger zwingt wieder zu hause einzuziehen und auf die Mutter aufzupassen. Leicht zu lesen und doch schwere Kost, so kam mir dieses Buch vor. Und die Familienmitglieder in ihrer unverarbeiteten Trauer, ihren unterdrückten Gefühlen, ihrer Manipulativität untereinander, irgendwie unsympathisch. Wo ist die helfende Hand, wo sind die Freunde? Wahrscheinlich im Laufe des Jahres nach Sarahs Tod zurückgewiesen worden. Wo ist der Zusammenhalt? Gegenseitigen Schuldzuweisungen zum Opfer gefallen. Ist diese Familie an ihrem Schicksal zerbrochen? Ja. Gibt es für die einzelnen Familienmitglieder eine Chance zu überleben? Ja. Doch mir schien es als sei schon lange vor Sarahs gewaltsamen Tod in dieser Familie nicht alles so gewesen wie man sich es in einer Familie vorstellt. Da gab es immer schon Verschwiegenheit, Bevorzugungen, Schuldzuweisungen. So ist das letztendliche Zerbrechen vielleicht nur eine logische Konsequenz. Und auch wenn hier den Eltern und dem Bruder das Schlimmste passiert, nämlich der gewaltsame und viel zu verfrühte Tod eines Familienmitgliedes, dessen weiteres Leben halt nur noch in der Phantasie der Hinterbliebenen existiert, so ist der Bruch auch ein Neuanfang, der den Einzelpersonen ermöglicht von vorne zu beginnen und sich möglicherweise im Laufe der Zeit auszusöhnen und aus der vergangenen Verbindung heraus wieder einen gewissen Umgang zu pflegen.