„Schwanenkuss“ beginnt richtig gut. Die Autorin Lisa Grüner spannt einen weiten Bogen. Sie erzählt uns von Carinas Kindheit und wie sie ihren besten Freund Stefan kennen gelernt hat. Wir bekommen ein umfassendes Bild und sehen die Entwicklung der beiden mit an.
Langsam entsteht ein mulmiges Gefühl. Irgendwas an diesem Stefan ist doch nicht ganz normal. Da stimmt doch etwas nicht. Erste Gänsehaut macht sich bemerkbar und die Vorfreude auf das mich erwartende Lesevergnügen steigt.
Carinas seltsame Träume, in denen die Schwäne eine zentrale Rolle spielen, tragen ihr übriges dazu bei, dass das unangenehme Gefühl verstärkt wird. Fast schon sehe ich mich mehr in einem nervenzerreißenden Psychothriller denn in einem Regionalkrimi.
Doch völlig unverhofft verschwinden die Träume und Stefans dunkle Seiten beginnen sich im Nichts aufzulösen. Ab da (ungefähr bei der Hälfte des Buches) plätschert die Geschichte träge vor sich hin. Carina verharrt in Lethargie, es gibt öde Markenrechtsstreitigkeiten (es sein dann man hegt Juristenaffinitäten). Carina und Stefan unternehmen spaßbefreite Ausflüge und die Geschichte dreht sich im Kreis.
Vor allem Carinas Hilflosigkeit dem Leben gegenüber langweilt mich als Leser schnell. Das hätte man nicht derartig in die Länge ziehen müssen. Dass nicht immer alle Menschen super motiviert sind und es in Büchern auch mal Charaktere wie Carina gibt, finde ich grundsätzlich sehr gut. Dennoch habe ich das als Leser bereits nach ein, zwei Schleifen verstanden. Gut 100 Seiten an Füllmaterial, in denen sich nichts tut, könnte man problemlos kürzen.
Der Großteils des Buches ist aus der Sicht von Carina in der Ich-Perspektive geschrieben. Um Einblicke in die Leben der anderen Protagonisten zu erhalte, begleiten wir mit einer Art allwissendem Erzähler in kurzen Absätzen immer wieder andere Protagonisten. Somit entsteht eine Nähe zu Karina und eine größere Verbundenheit mit ihr. Gerne möchte man ihr einfach mal einen Tritt in den Hintern geben, damit sie ihre Problem endlich aktiv angreift.
Während es mir sehr gut gefällt, dass auf dem Cover der „Schwanenkuss“ mit dem dadurch entstehenden Herz abgebildet ist, finde ich es Schade, dass man sich nicht für das Bussi, also „Schwanenbussi“ als Titel entschieden hat. Da sich in dem Buch alles um „Schwanenbussi“ dreht, wäre dies nur konsequent gewesen.