Schonungslos ehrlicher Coming-of-Age-Roman voller tiefgründiger Erkenntnisse und Weisheiten
von EmmyL
Kurzmeinung: Ein absolutes Muss für alle, die sich auf dem steinigen Weg zu einem erwachsenen, selbstbestimmten Leben vorwärts kämpfen.
Rezension
Flannery ist schon seit dem Kindergarten in Tyrone verliebt. Zwischendurch hatten sie sich aus den Augen verloren doch nun besuchen sie wieder die gleiche Schule. Tyrone ist der coolste Typ der Schule und Flannery freut sich mit ihm gemeinsam an einem Schulprojekt arbeiten zu können. Während die Sechzehnjährige noch von großer Liebe träumt, muss sie feststellen, wie sich um sie herum alles verändert.
Ihre Familie besteht aus ihrer Mutter Miranda und ihrem Bruder Felix. Miranda ist Künstlerin. Eigentlich ist sie eine Lebens- und Überlebenskünstlerin, die neben Aktionskunst auch einen Erziehungsblock schreibt. Nach Flannerys Meinung hat ihre Mutter von Erziehung zwar keine Ahnung dafür aber sehr viel Meinung. Als Künstlerin ist sie stets bestrebt die Fantasie ihrer Kinder zu beflügeln und ihre Kreativität zu fördern.
Der Roman ist in der Ich-Form im Präsens geschrieben und von vielen gedanklichen Rückblicken in ungeordneter zeitlicher Abfolge durchsetzt. Bei diesem genialen Werk handelt es sich um die philosophische Betrachtung der Welt mit den Augen einer Sechzehnjährigen. Zitat zur Liebe: „…Liebe ist also Arbeit und verändert sich die ganze Zeit, und sie ist Machen und Merken und Brauchen und Geben und Definitiv.“ Während Flannery ihre Erlebnisse in der Gegenwart schildert, schweift sie immer wieder gedanklich ab. In diesen Rückblicken erfährt der Leser viel über ihre Familie, ihre Freunde, ihre soziale Situation und wird Zeuge überraschend ehrlicher, kluger Erkenntnisse. Durch diese Erzählweise gelingen ein umfangreiches Familienporträt sowie eine wundervolle Geschichte über die Tücken der ersten Liebe.
Sehr interessant werden verschieden Beziehungskonzepte vorgestellt und miteinander verwoben. So gibt es zum Beispiel die kreative Miranda, die sich als alleinerziehende Mutter trotz widriger Umstände liebevoll um ihre Kinder kümmert. Die große Liebe Tyrone hat leider weniger Glück, denn der brutale Stiefvater schlägt oft um sich und unterdrückt seine Mutter. Auch Flannerys beste Freundin Amber lässt sich von einem kontrollsüchtigen Egomanen vereinbaren. Flannery beobachtet und analysiert die Beziehungen in ihrer Umgebung sehr intensiv. So ist es ihr möglich, sehr klar zu definieren, was sie auf keinen Fall möchte.
Flannery weiß was es heißt keinen Vater zu haben, kein Geld für Strom oder Miete, kein Geld für Essen oder Schulbücher. Sie kennt die Peinlichkeit, mit einem Schein der Sozialhilfe Lebensmittel einkaufen zu müssen. Trotz allem steht sie zu ihrer Familie, kümmert sich um ihren Bruder und lernt fleißig für die Schule. Sie ist stolz auf das künstlerische Wirken ihrer Mutter und darauf das diese sich weder unterordnet noch vereinnahmen lässt.
Dieser großartige Roman lässt den Leser an allen Erkenntnissen teilhaben. So lernt Flannery das sowohl Liebe als auch Freundschaft viel Achtsamkeit erfordern. Freundschaften verändern sich und Liebe kann vergehen oder wachsen.
Schonungslos ehrlicher Coming-of-Age-Roman voller tiefgründiger Erkenntnisse und Weisheiten über die erste große Liebe. Ein wundervolles Werk verfasst für Mädchen auf dem Weg in ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben. Es zeigt offen und direkt alle Fehler auf, die eine spontane Entscheidung mit sich bringen kann.