Cover des Buches Libellenschwestern (ISBN: 9783809026907)
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Rezension zu Libellenschwestern von Lisa Wingate

Ein grausames Verbrechen

von pallas vor 6 Jahren

Rezension

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pallasvor 6 Jahren
Dieses Werk greift eine schockierend-wahre Begebenheit in Romanform auf. Zwar sind einige Vorkommnisse fiktional, doch sind die unfasslich grausamen Schicksale der Kinder blanke Realität und durch die Berichte der Überlebenden aus jener Zeit in der Mitte des Zwanzigsten Jahrhunderts inspiriert. Schon aufgrund dieser Tatsache ist "Libellenschwestern" emotional enorm aufwühlend.

Die Geschichte setzt an einem Sommerabend im Jahr 1939 ein, deren Wahrheit erst Siebzig Jahre später an's Tageslicht kommt. Avery Stafford ist Anwältin, 30 jahre alt und Tochter von Senator Wills Stafford. Avery besucht mit ihrem Vater ein Altenheim. Wie so oft trägt sie dabei ihr liebgewordenes Libellenarmband, das sie seinerzeit von ihrer Großmutter erbte. Während ihres Besuches wird eine alte Bewohnerin des Altenheims dahingehend auffällig, dass sie die junge Frau beobachtet und dieses Libellenarmband an sich nimmt. Der Name der alten Dame ist May Crandall, auf deren Nachttischchen die junge Anwältin ein Foto entdeckt, das ihr sehr bekannt vorkommt. Avery beginnt daraufhin eine intensive Recherche und entdeckt ein grauenvolles Geschehen, das sich im Jahr 1939 in Memphis, Tennesseee abgespielt hat. Sie kann zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht ahnen, welch ein abgrundtiefes Geheimnis sie damit beginnt zu lüften. Eine der Hauptpersonen in diesem entsetzlichen Verbrechen war Georgia Tann, der ein regelrechtes Syndikat an Helfern und Helfershelfern zu Seite standen.

Rill Foss samt ihren vier Geschwistern und Eltern lebten auf einem Hausboot. Als die Mutter zur Entbindung ihres fünften Kindes in eine Klinik eingeliefert wird, werden die vier Geschwister von der Polizei entführt und in ein Kinderheim gebracht. Von dort aus werden Kinder für eine große Summe Geld an reiche, prominente aber kinderlose Paare verkauft.
Das Leid, welches den Kindern in diesem Haus zugefügt wurde, ist für einen normal denkenden Menschen kaum vorstellbar. Dem Leser des Buches "Libellenschwestern" sollte dabei in jeder Zeile bewußt sein, dass diese Schilderungen tatsächlich so geschahen und nicht erfundene Romanszenen sind. Die bestialisch anmutenden Menschen agierten grausam und gefühllos. Das Verbrechen an den gewaltsam und aus rein monetären Gründen entführten Kindern erscheint bodenlos und abgrundtief böse.

Wie in allen ihren Werken ist Lisa Wingates Schreibstil verständlich, logisch und sehr gut zu lesen. Was mir bei diesem Buch große Probleme bereitete war das unfasslich grausame Schicksal der Familien, die durch das beschriebene Verbrechen so gelitten haben. Das Leid der Kinder ging mir so sehr zu Herzen und die Darstellungen der entsetzlichen Umstände bedrückten mich während der Lektüre folglich nachhaltig, so dass ich den Roman auf seiner letzten Seite mit großer innerlicher Trauer schloß. Die verletzten Kinderseelen konnten niemals wieder ganz heilen, das ist sicher. Die Autorin hat die handelnden Figuren für diesen besonderen Roman erneut sehr gut ausgefeilt und in jeweils detailliert dargestellte Umgebungen in Szene gesetzt.
Der Spannungsbogen steigert sich von Kapitel zu Kapitel. Die Geschwister gehen gezwungenermaßen verschiedene Lebenswege. Lisa Wingate gibt abschnittweise immer wieder einige Geheimnisse um das menschlich kaum fassliche Verbrechen preis, so dass der Leser erst gegen Ende des Romans alle furchtbaren Zusammenhänge erkennt.
Das Cover ist einfach nur wunderschön. Den Umschlag ziert eine haptisch hervorgearbeitete große Libelle in zartem Blau, grün und Beigetönen. Nach der Lektüre möchte man sie nur zärtlich beruhigend streicheln.

Lisa Wingate hat mit diesem Buch ein großartiges Werk geschaffen, das ein sehr schockierendes - eventuell kaum bekanntes - Verbrechen, geschehen in den USA Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts, vorgestellt. Auf ihrer Webseite erfährt der interessierte Leser weitere Hintergründe rund um die Geschichte der Georgia Tann und der Tenneessee Children' Home Society.

Ich habe das Buch trotz all der darin berichteten Grausamkeiten gerne gelesen, denn dieses Verbrechen darf nicht in Vergessenheit geraten. Es muss den Menschen in Erinnerung bleiben, auf dass sich so etwas nicht wiederhole! Ein großes Dankeschön an Lisa Wingate für die enorme Recherchearbeit, die einem solchen Werk zu Grunde liegen muss.

Ein herzliches Dankeschön an den Limes Verlag für die Veröffentlichung des Buches.
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