Bei der Flucht aus Ostpreußen verschlägt es die Familie Gast zunächst nach Westfalen. Nach dem Krieg mangelt es an allem und als verwitwete achtfache Mutter in der Fremde ist es nicht einfach. Doch wer einen Traum hat, der schafft es ihn irgendwie zu erfüllen – so zieht zur großen Freude der Kinder das erste Pony auf dem heruntergekommenen, winzigen Hof ein. Bei der umfassenden Landwirtschaft, Gutsbesitzern und alten Pferdenarren in der Nachbarschaft, schafft es die arme Familie das Pony zu unterhalten. Improvisationstalent und Einfallsreichtum besorgen den Rest. Aus einem Pony werden zwei und als der Besitzer des Gutes schließlich Eigenbedarf anmeldet, findet die Familie eine neue Heimat in Schwaben. Auch hier geht es hoch her. Zwar sind die ersten Kinder aus dem Haus, doch mit schließlich drei Ponys und einem auch für sechs Kinder viel zu kleinen Haus, das zudem stets gesteckt voll ist mit eingeladenem und uneingeladenem Besuch, reichen weder Geld noch Platz, doch glücklich sind sie alle. Mit neugierigen, wanderlustigen und äußerst lebhaften Ponys ist schließlich immer was los.
Eine autobiografische Ponygeschichte, die mit viel Witz von einer pferdeverrückten Familie erzählt, die sich weder vom Krieg noch von persönlichen Rückschlägen oder Armut unterkriegen lässt. Der Krieg und die Flucht selbst werden kaum angesprochen. Die Flucht und die Probleme der ostpreußischen Flüchtlinge in ihrer neuen Heimat, werden zu Beginn nur leicht angerissen. Konzentriert wird sich auf das Leben mit den Ponys. Ihre Streiche, ihre liebenswerten Eigenschaften, die Begeisterung der gesamten Familie für die vierbeinigen Gefährten, für die ihnen kein Opfer zu groß ist. Besonders beeindruckt hat mich wie diese heute unvorstellbare Großfamilie das Leben gemeistert hat. Die Mutter war eine erfolgreiche Autorin, doch allein mit sechs Kindern. Was das gerade in der Nachkriegszeit bedeutete, kann man sich heute kaum noch vorstellen. Dass nie genug Geld da war, merkt man, wenn so trügerisch leicht Szenen hingeworfen werden wie die Bitte um einen Wintermantel, weil der alte wirklich nicht mehr reicht oder die Aussage, dass die Mutter schon im Februar anfängt für Weihnachten zu sparen. Trotzdem ist Besuch jederzeit willkommen. Für jedes Problem wird irgendeine Lösung gefunden und sei sie noch so unkonventionell. Man improvisiert, man arbeitet, man bastelt – und vor allem ist man glücklich. Unvergessen wird mir die Szene bleiben, als unverhofft zu 6 Kindern + 2 Freunden und einem Besucher noch eine fünfköpfige Familie und ein Verleger während eines Schneesturms untergebracht werden müssen. Was tut man, da für so viele Menschen weder Betten noch Zimmer vorhanden sind – und der unbeheizte Stall keine Option? Man spielt die ganze Nacht Skat.
Dieser Leseriese-Doppelband enthält die beiden Bücher Unsere Ponys und wir und Ponyglück bei Lise Gast. Wunderschöne Illustrationen von Angelika Stubner erwecken die Ponyabenteuer zum Leben. Die Bücher sind toll geschrieben. Einiges ist sicherlich verklärt dargestellt, die Konzentration auf die Ponyerlebnisse sicherlich nicht unbeabsichtigt, aber immer wieder blitzt auch die bestimmt nicht immer so rosige Realität auf. Es wird auch explizit auf den Punkt gebracht, dass Ponyhaltung trotz der so idealisierten Darstellung anstrengend und auch kostenintensiv ist – von Tierarztkosten bis zur Haftpflichtversicherung, da Ponystreiche zwar durchaus spaßhaft, aber nicht unbedingt preiswert sind.
Wer Pferdegeschichten liebt, kommt hier voll auf seine Kosten. Dass die Geschichten dazu auf der Realität beruhen ist ein weiterer Bonus.