Cover des Buches Hier stirbt keiner (ISBN: 9783733503253)
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Rezension zu Hier stirbt keiner von Lola Renn

Für Jugendliche durchaus empfehlenswert

von CocuriRuby vor 7 Jahren

Rezension

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CocuriRubyvor 7 Jahren

Ich mag den Schreibstil nicht besonders. Wie ich es oft bei deutschen Autoren beobachte, finde ich ihn abgehackt. Außerdem neigt er dazu mit sehr kurzen Sätzen, Ereignisse wie in einem Gutachten aneinander zu reihen: Er macht das, dann sagte sie das, dann sehen sie das, dann dachten sie jenes.

Es wirkt tatsächlich mehr wie kurzeindrücke oder Momentsprünge, als eine erzählte Geschichte.

Weil die Handlung eben recht sprunghaft – sprachlich reduziert – ist, hatte man praktisch keine Zeit in einer Situation/Moment zu verweilen. Das macht die Handlung recht rasant, aber eben auch unemotional. Das Buch konnte mich nicht berühren.

Auch wenn ich fand, dass sich diesbezüglich das Buch im Laufe gesteigert hat.

Die Charaktere fand ich durchwachsen – aber jeder hat zumindest kurz eine eigene Geschichte bekommen – die Zeit bleibt auch für andere Figuren nicht stehen, nur weil die Protagonistin gerade nicht hinsieht.

Zunächst einmal ist das Buch komplett aus der Sicht der Protagonistin geschrieben – weshalb man auch die Charaktere gefiltert durch ihre Wahrnehmungsbrille sieht – und sie ist mit ihren 15 Jahren in einem nicht unbedingt leichten Alter.

Möglicherweise auch etwas dem Stil geschuldet, aber ich fand die Protagonistin war etwas lethargisch – was fast schon symbolisiert wurde, durch die erdrückende, energiefressende Hitze (Buch spielt im Hochsommer).

Sie war zu Beginn aber noch keinesfalls unsympathisch – eher eine recht normale 15 jährige.

Allerdings wurde recht schnell klar, dass sie einen Hang zu „mir doch egal“, „nerv nicht“ hat – eben zur Motzigkeit – was man vielleicht ebenfalls noch als normal jugendlich verbuchen könnte.

Aber es artet zwischendurch in totale Teilnahmelosigkeit oder Melancholie aus.

Davon sind sehr die zwischenmenschlichen Beziehungen geprägt – insbesondere innerhalb der Familie.

Hauptthema bei allem ist im Prinzip die fehlende Kommunikation – was häufig der Kern allen Übels ist.

Besonders schlimm war das aber im Bezug zu ihrer Mutter. Fand es irgendwie ganz schlimm zu sehen, wie sie mit ihrer Mutter umgeht – sie isoliert/ausschließt und mit Ignoranz/Nichtachtung straft.

Dicht gefolgt damit, wie sie mit ihrer angeblich besten Freundin umgeht. Interessant war aber mal zu sehen, wie eine Geschichte aussieht, wenn nicht die beste Freundin der Protagonistin ätzend ist, sondern die Protagonistin schlicht keine gute Freundin ist.

Sie kann sich nicht für ihre Freundin freuen, wenn diese was erreicht/Erfolg hat, denkt in vielen Fällen auch nicht unbedingt gut von ihr und wird auf sie eifersüchtig – die Freundin hingegen gibt sich wirklich Mühe.

Generell geben sich alle extrem viel Mühe mit ihr (außer ihr Bruder), aber sie lässt alle abblitzen und isoliert sich selbst und heult dann aber rum, dass sie sich so einsam fühlt.

Das weckt bei mir kein Mitgefühl, sondern weckt schnell den Gedanken von „Tja, selbst schuld“.

Was ich aber wieder gut fand war, dass man obwohl ich ihr Verhalten oft nicht gut fand, es trotzdem meistens nachvollziehbar war warum sie jetzt so reagiert – das gilt für alle Charaktere.

Die Beziehung zu Chris mochte ich hingegen sehr – was zum großen Teil daran liegt, dass Chris ein sympathischer und netter Charakter ist.

Ich fand vor allem richtig gut, dass es eine realistische Darstellung von der ersten Liebe gab, ohne Anschmachten, Hormonüberflutung oder Klischees. Das ist leider selten in Jugendbüchern.

Noch besser fand ich, dass Liebe in diesem Buch nicht als Allheilmittel verkauft wurde. Ihre Probleme haben sich nicht plötzlich in Luft aufgelöst, nur weil sie einen süßen Jungen kennen gelernt hat.

Wenn aber eine Sache wirklich gut eingefangen wurde, dann ist es das Teenager-Dasein. Die Aufmüpfigkeit, das sich unverstanden fühlen, nicht so genau zu wissen was man will und was man tun soll, aber eben auch, was für Fehler die Eltern im Umgang mit ihren jugendlichen Kindern machen. Das fand ich wirklich gut – und hey, seien wir ehrlich: Teenies sind auch eben mal richtig ätzend.

Das besondere an dem Buch finde ich sind gerade die kleine Dinge: z.B. dass Annika tatsächlich immer mal wieder etwas isst, auch mal was ungesundes – keine Spur also vom Schönheits-/Magerwahn der jungen Mädchen oder auf dem Geburtstag des Vaters, als der alte, eklige „Onkel“ ihr zur Begrüßung erst mal an den Po fasst – also Alltagssexismus.

Das sind kleinere Dinge, die mehr oder weniger nebenbei passieren, aber sie sind mir aufgefallen und fand es gut.

Manche Ausdrücke/Formulieren jedoch fand ich wirklich blöd: z.B. heißt es: „Er legt die Hand an meine Backe.“ Gemeint ist die Wange, dumm nur, dass man mehrere Körperteile als Backe betitelt. Oder wurde statt Festnetztelefon immer „Zuhausetelefon“ gesagt oder statt Ja ständig „M-hm“, darüber bin ich regelmäßig gestolpert.

Warum auch immer wieder das Thema Träume aufgegriffen wurde – erschloss sich mir auch nicht unbedingt.

Fazit

Ich finde, dass das hier ein gutes Jugendbuch (Coming of Age) ist. Wenn ich um die 15 Jahre alt gewesen wäre, hätte ich dieses Buch vielleicht geliebt - und es macht meines Erachtens viel richtig und ist eben nicht 0815.

Aber ich mochte den Schreibstil nicht bzw. wie Art wie es erzählt wurde nicht so und hatte auch mit der Protagonistin so meine Probleme.

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