Man darf ruhig nüchtern festhalten, dass der Preis für dieses "Büchlein" im Grunde überteuert ist, wenn man einen Einkaufspreis halbwegs gleichsetzt mit Dingen wie "Buchumfang" oder "Textlänge". Anders gesagt: "Hansel und Gretel" hat man tatsächlich in etwa 20 Minuten fertig gelesen. Wenn man langsam liest.
Nun lässt sich für Kunst, und dazu gehört auch Text, nicht unbedingt ein Preis festsetzen. Was man also bekommt: Eine Nacherzählung von "Hänsel und Gretel", in einem sehr stimmungsvollen Ton, der weder "modern" noch "altmodisch" ist, sondern es tatsächlich schafft, die alte Geschichte einfach nochmal neu zu erzählen, ohne sich an moderne Umgangssprache anzubiedern. Wohlgemerkt eine der Versionen der "alten" Geschichte, denn die Geschichte hat eine ganze Reihe von Wandlungen durchlaufen (dazu gibt es am Ende noch eine Doppelseite Hintergrund), und diese unterscheiden sich unter anderem recht stark in der Rolle der Eltern.
Das Buch ist beeindruckend, wenn man sich darauf einlässt. Es hallt nach. Und die sehr dunkel, mit sehr viel Schwarz gezeichneten Bilder tun ein Übriges dazu. Ein Buch, das man auf den Couchtisch legen kann, um beim nächsten Besuch ein Gespräch über Märchen und Traditionen zu beginnen. Insofern eine Art "Bildband", aber nicht wegen der Bilder, sondern wegen des Textes, der auf seine eigene Art selbst ein Bild darstellt.
Lorenzo Mattotti
Alle Bücher von Lorenzo Mattotti
Hansel and Gretel Standard Edition: A TOON Graphic
Neue Rezensionen zu Lorenzo Mattotti
Neil Gaiman legt als Meister des Skurillen derzeit alte Märchen neu auf. Eines davon handelt von Grimms Hänsel und Gretel, das durch Zeichnungen von Lorenzo Mattotti ergänzt wird.
Von einer inhaltlichen Beschreibung kann ich höchstwahrscheinlich ablassen. In unserem Kulturkreis kennt vermutlich jedes Kind das grimmsche Märchen von Hänsel und Gretel, das im Original sehr düster beschrieben wird. Es wäre nicht typisch für den Autor, wenn vorliegendes Werk nicht mindestens genauso düster umgesetzt worden wäre. Abgesehen davon versucht er sich jedoch an einem sogar für Kinder geeigneten Ende, das ich aufgrund der Spoiler-Gefahr nicht verraten möchte.
Die Kinder Hänsel und Gretel sind in dieser Version ungewohnt reif, insbesondere zur Auflösung der Geschichte.
Anstelle von plumper Mystik tritt eine etwas andere Erklärung für die Geschehnisse im vermeintlichen Hexenhaus hervor. Dies ist meines Erachtens nicht unbedingt typisch für Gaiman, aber eine schöne Abwechslung.
Sprachlich gibt es wie immer nichts zu beanstanden. Im Gegenteil, das Buch fesselt von der ersten Seite an.
Untermalt wird das Buch im wahrsten Sinne des Wortes von den wunderschönen, wenn auch eigensinnigen Bildern von Comiczeichner Lorenzo Mattotti, die fantastisch zur Atmosphäre des Geschriebenen passen.
Fazit:
Für Liebhaber neuer Märcheninterpretationen, insbesondere mit Vorliebe für düstere Erzählungen, definitiv empfehlenswert.
Gespräche aus der Community
Community-Statistik
in 8 Bibliotheken
auf 1 Merkzettel