Lucas Delattre

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Autor*in von Fritz Kolbe.

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Cover des Buches Fritz Kolbe (ISBN: 9783492045896)

Fritz Kolbe

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Erschienen am 01.01.2004

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Cover des Buches Fritz Kolbe (ISBN: 9783492045896)
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Rezension zu "Fritz Kolbe" von Lucas Delattre

Fritz Kolbe - ein Spion, der die Amerikaner mit Infos direkt aus dem Auswärtigen Amt versorgte
Bellis-Perennisvor 5 Jahren

Lucas Delattre beschäftigt sich mit dem Leben eines Mannes, der wahrscheinlich nur wenigen bekannt sein dürfte: Fritz Kolbe (1900-1971).

 

Der Lebenslauf von Fritz Kolbe liest sich zunächst nur mäßig spannend. Geboren 1900 muss er 1917/18 als HiWi beim Telegrafendienst  in den Ersten Weltkrieg einrücken. Danach folgt sein Dienst bei der Reichsbahn, der ihm nicht sonderlich zusagt. Er absolviert 1921 das Abitur, studiert anschließend Volkswirtschaft, um dann 1925 ins Auswärtige Amt einzutreten. Ab da wird es allmählich interessant. Kolbe wird an die deutsche Botschaft nach Madrid versetzt und lernt dort den jüdischen Kaufmann Ernst Kocherthaler kennen. Diese Begegnung wird ihn zu seiner späteren Spionagetätigkeit führen. Obwohl man ihm den Beitritt zur NSDAP nahelegt, verweigert er. Er heiratet Anita, bekommt 1932 den Sohn Peter. Nach dem Tod Anitas 1937, heiratet er abermals und geht im Februar 1938 bis Ende 1939 nach Südafrika.

 

Nach wie vor ist er nicht dazu bereit, in die Partei einzutreten. Er bemüht sich unauffällig und manchmal auch ein bisschen einfältig zu wirken, um nicht groß aufzufallen, denn seine Ablehnung des Regimes ist ungebrochen. Er versucht wie schon in Madrid auch in Südafrika Visa für gefährdete Personen auszustellen.

 

1939 kehrt er nach Deutschland zurück und erhält eine Stelle in der Pass- und Visaabteilung. Er halte diese Lügen nicht mehr aus, erklärt er seinem Freund (S.58) und beginnt selbstgefertigte Flugblätter unter die Leute zu bringen. Im Jahr 1940 begegnet er Ferdinand Sauerbruch und Maria Fritsch in der Charité - das wird sein weiteres Leben verändern. 1943 erkennt Kolbe, dass ein Eingreifen  von außen noch nicht erfolgen wird können. Das System muss von innen ausgehöhlt werden. Die kleinen Widerstandsbewegungen kennen einander nicht. Deswegen sind sie auf sich alleine gestellt, um nicht entdeckt zu werden. Kurz hat Kolbe zur Gruppe um Goerdeler und die Verschwörer vom 20. Juli 1944 Kontakt. Von deren geplanten Aktionen ist Kolbe nicht restlos überzeugt. Er geht einen anderen Weg: Über die Bekanntschaft Sauerbruchs lernt er den Amerikaner Allen Dulles kennen. In der Folge wird er hochbrisantes Material nach Bern, zum Stützpunkt der Amerikaner, bringen....

 

Meine Meinung:

 

Delattre ist ein gespenstisches Bild von Deutschland unter Hitler gelungen, aus dem ein Mann heraussticht: Fritz Kolbe, der kleine unscheinbare Beamte. Auf viele Fragen erhält der Leser Antworten. Doch um der privaten Person Fritz Kolbe nahezukommen, fehlen einige Informationen. Warum holt er seinen Sohn, den er 1939 bei Bekannten in Südafrika gelassen hat, nicht gleich nach dem Ende der Schreckensherrschaft 1945 zurück?

 

Gut recherchiert und/oder rekonstruiert sind die Treffen mit den Amerikanern in Bern. Die Quellenlage scheint hier gut dokumentiert zu sein, sei es in den Archiven der Amerikaner oder aus den Aufzeichnungen und Briefen Fritz Kolbes.

Sehr anschaulich ist das Leben Kolbes geschildert, der sich gänzlich dem Kampf gegen die Nazis verschreibt. Es entsteht eine faszinierende Biografie eines scheinbar einfachen Beamten, der sich, anders als Millionen anderer Deutsche seiner Generation nicht dem System unterwirft, sondern sich eine eigene Meinung bildet und diese konsequent vertritt. In vielen Augen ist er ein Vaterlandsverräter. Doch wenn es mehr solcher Menschen mit Zivilcourage gegeben hätte, wäre der Zweite Weltkrieg tausende Tote früher zu Ende gewesen.

 

Fazit:

 

Eine beeindruckende Biografie, der ich gerne 5 Sterne und eine Leseempfehlung gebe.

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