Vor kurzem habe ich auch "Die innere Führung" von Lars Sommer (Lucas Fassnacht) gelesen. Das Buch ist 2024 in der ars vivendi verlag GmbH & Co. KG erschienen und als Kriminalroman einzuordnen. Vielen Dank an dieser Stelle auch an den Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars im Rahmen einer Leserunde auf Lovelybooks.de.
Nachdem auf der Hochzeit eines Elitesoldaten der Bundeswehr eine tödliche Bombe hochgeht, beginnt Kriminalhauptkommissar Erich Kleinrädl zu ermitteln. Während er und sein Team die Hochzeitsgäste vernehmen, stellt die Boulevardpresse ihre eigenen Vermutungen an: Hat Inka Minden, die Ex-Freundin des Bräutigams, etwas mit der Sache zu tun? Welche Rolle spielt der ehemalige Scharfschütze Jonathan von Holl, der über dem Gesetz zu stehen scheint? Das LKA beurteilt die Bombe als ein Werk von Fachleuten. Ein zweiter Anschlag erhöht den Druck auf Kleinrädl. War die Bundeswehr das eigentliche Ziel des Attentats? Die Lage wird immer unklarer. Steckt der Feind gar in den eigenen Reihen?
"Die innere Führung" ist ein Roman von Lars Sommer, einem Pseudonym des Thriller-Autors Lucas Fassnacht. Dabei wird das Buch vom Verlag - wie der Abdruck auf dem Cover verrät - als Kriminalroman eingeordnet, eine Eingruppierung, die ich daher auch übernommen habe. Es hätten sich aber auch gute Argumente dafür gefunden, das Buch als (Polit-)Thriller zu kategorisieren, auch andere Untergenres bei Thrillern wären hier denkbar gewesen. Zudem ist der Roman derzeit als Standalone angelegt, Potential für Fortsetzungen existiert jedoch - und wird auch durch das letzte Kapitel nochmal befeuert.
Die Handlung ist durchweg spannend und abwechslungsreich, wenn auch zuletzt zumindest in Teilen auch vorhersehbar. Dabei entwickelt sich der Roman schnell von einem reinen Kriminalfall hin zu einem gesellschaftspolitisch interessanten Thriller, der an Aktualität kaum zu überbieten ist, obwohl handlungsauslösende Ereignisse doch schon drei, vier Jahre in der Vergangenheit liegen. Lediglich das Ende vermag hier nicht in Gänze zu überzeugen.
Das Setting kann hingegen glänzen, entführt der Autor die Leser:innen doch nach München und ins bayerische Umland, in ein Spannungsfeld zwischen zivilgesellschaftlichen Kriegsgegnern und Veteranen von Spezialtruppen, die in Afghanistan gedient haben. Dabei kumuliert diese Zerrissenheit in der Figur von Inka, die als Sportsoldatin zwar Angehörige des Militärs, aber selbst nie im Einsatz gewesen war. Hierbei scheut der Roman auch nicht davor zurück, das schwierige Thema der Posttraumatischen Belastungsstörungen aus Militäreinsätzen anzusprechen, verpasst aber die Chance, im gleichen Zuge in einem möglichen Nachwort zum Roman auf Hilfsangebote und Kontaktadressen hinzuweisen, damit es in der realen Welt hoffentlich nicht so eskaliert wie in Lars Sommers Geschichte.
Die einzelnen Figuren sind im Wesentlichen vielschichtig angelegt, haben Stärken und Schwächen, eigene Ziele und Motive, wenn auch aufgrund der doch Vielzahl an handelnden Personen einige noch stärker ausgearbeitet hätten werden können. Dabei überzeugen insbesondere Schlanghain, von Holl und in einer Nebenrolle Polizeipräsident Brandner, während Kleinrädl noch etwas blass verbleibt. Lars Sommer Schreibstil ist teils rasant, lässt sich hierbei aber leicht und flüssig lesen und das Kopfkino sofort anspringen.
Die Buchgestaltung ist solide. Lektorat und Korrektorat haben größtenteils sauber gearbeitet, der Buchsatz ist ordentlich, auch wenn man zumindest die größeren Sinnabschnitte jeweils auf ungeraden Seiten hätte starten können. Der Buchumschlag ist mit Klappen versehen, das Covermotiv wird leider zum Buchrücken hin krass unterbrochen, letzterer und die Coverrückseite sind eher eintönig und schlicht. Das Titelmotiv schafft es hierbei zwar, eine kleine Verbindung zur Handlung herzustellen, bleibt dennoch aber austauschbar und kein wirklicher Eyecatcher.
Mein Fazit? "Die innere Führung" ist ein spannender und abwechslungsreicher, gesellschaftlich relevanter Kriminalroman an der Grenze zum Thriller mit nur kleineren Schwächen. Für Leser:innen des Genres daher bedenkenlos zu empfehlen - ab einem Lesealter von 16 Jahren.