Die mexikanische Autorin Lucero Alanís hat sich von Berichten mexikanischer Frauen zu ihrem Buch „Das Margeritenkloster“ inspirieren lassen und hat diese zu einer sehr ungewöhnlichen Geschichte verwoben. Wobei, eigentlich sind es eher Fragmente, lyrische Ausschnitte aus dem Leben einer Frau und Rückblicke auf ihre Kindheit. Glücksmomente wechseln sich dabei mit brutalen, traumatischen Erfahrungen ab, aus denen deutlich wird, wie sehr Frauen in Mexiko nach wie vor Gewalt ausgesetzt sind. Es gibt keine eindeutige Handlung, sondern eher traumartige Andeutungen auf Erlebtes in bunten, teilweise schrillen Bildern, wobei Zeit und Raum ineinanderfließen. So fühlt man sich einerseits von imaginären Wesen wie einer riesigen blauen Raupe oder einem Einhorn verzaubert, andererseits wirkt der Text oft auch irritierend und verstörend, zum Beispiel wenn die Erzählerin Margarita ihre Puppe wie eine Voodoofigur mit Nadeln durchsticht. Die Episoden changieren zwischen dem Familienleben, das zugleich von Liebe und Missbrauch geprägt ist, der Klosterschule, in der die Nonnen ein strenges Reglement führen, und einer psychiatrischen Station, auf der Margarita als Patientin wiederum dem Pflegepersonal schutzlos ausgeliefert ist. Glückliche Momente erlebt sie dagegen in der Natur, beim Barfußlaufen über eine Weide oder bei sinnlichen Begegnungen mit dem Gärtner.
Das Buch ist weder inhaltlich noch formell leichte Kost, sondern eine anspruchsvolle, mitunter poetische Lektüre mit zahlreichen Bezügen. Der Übersetzung von Christiane Quandt gelingt es, gewisse Eigenheiten des mexikanischen Spanisch zu bewahren, wobei sie sich zugleich auf Deutsch wunderbar liest. Sehr lesens- und lohnenswert!