Cover des Buches Angelo (ISBN: 9783865550293)
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Rezension zu Angelo von Luchino Visconti

Rezension zu "Angelo" von Luchino Visconti

von Koriko vor 14 Jahren

Rezension

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Korikovor 14 Jahren
Luchino Visconti ist einer der größten, italienischen Regisseure gewesen. Er erschuf Filme wie "Der Leopard, "Ludwig II" oder "Tod in Venedig" und oftmals handelten diese von homoerotischen Charakteren. Er selbst war schwul, lebte sehr lange mit dem Schauspieler Helmut Berger zusammen und es ist nicht verwunderlich, dass Visconti sogar auch als Autor tätig war, bevor er ihm mit seinen Filmen der Durchbruch gelang. "Angelo" ist hierbei keineswegs ein abgeschlossener Roman, vielmehr der Beginn eines Romanepos, sowie einige Fragmente aus einem Werk, das vier Bände umfassen sollte." Der 14-jährige Angelo hat zwei Monate Krankenhaus hinter sich. Eine Thyphuserkrankung hat dem zierlichen, sensiblen Jungen zugesetzt und die Trennung von seiner geliebten Mutter hat den Aufenthalt schier unerträglich gemacht. Doch als er endlich wieder nach Hause kommt, erwartet ihn die nächste Überraschung. In der Wohnung seiner Familie hat sich ein Untermieter eingenistet. Angelos Vater war der Meinung, dass es nur recht und billig sei, das Zimmer des Jungen an Signor Tanino zu vermieten. Angelo, der immer noch krank ist, kann sich nur mühsam mit dem Fremden in seiner Nähe abfinden und zu allem Überfluss scheint sich auch sonst viel verändert zu haben. Möbel und persönliche Dinge, an denen Angelo gehangen hat, sind während seiner Abwesenheit verschwunden. Zudem scheint Signor Tanino einen starken Einfluss auf seinen Vater zu haben. Angelo tappt vollkommen im Dunkeln, denn weder seine Mutter noch sein Vater wollen den Jungen über die momentane familiäre Situation aufklären, so dass Angelo von selbst herausfidnen muss, was passiert ist. Lediglich Tonini, ein junger Mann, bei dem Angelo jeden Tag Holz holen musste, als er noch bei Kräften war, hat sich nicht verändert. Zu diesem zwei Jahre älteren Jungen hat Angelo eine besondere Beziehung und auch Tonino liegt das zierliche Kind sehr am Herzen... "Angelo" handelt nur einen sehr kurzen Abschnitt der Geschichte ab. Man kann auch sagen, dass es sich lediglich um den Prolog handelt, denn mehr als die grobe Einführung ist nicht vorhanden. Visconti hat einen sehr dichten und ausschweifenden Erzählstil. Allein während der Heimfahrt aus dem Krankenhaus ergeht sich der Autor in einer seitenlangen Beschreibung der Straße in der Angelos Familie lebt und der Bewohner. Der Leser lernt die Umgebung Angelos deutlicher kennen, als die eigentlichen Protagonisten und Tonino selbst kommt erst recht spät hinzu. Egal wie schön und gekonnt das alles geschrieben ist, es wirkt zu ausladend und detailverliebt. Auf diese Weise verliert sich Visconti in Beschreibungen und als Leser verliert man schnell den Bezug zur Handlung. Dennoch ist es schade, dass die Geschichte nur ein kurzer Abriss ist. "Angelo" sollte ursprünglich auch nie veröffentlicht werden, wurde jedoch auf Drängen eines Literaturwissenschaftlers doch noch von seinen Erben freigegeben. Der eigentliche Roman umfasst auch nur knapp 120 Seiten, die teilweise unvollständig sind, oder wo einige Wörter fehlen; der Rest nimmt ein fast sechzigseitiger Anhang ein, der nicht nur einen Einblick in Viscontis Leben enthält, sondern weitere Schriftproben seines Schaffens. Dazu gehören auch einige weitere Teile zu "Angelo" und Aufzeichnungen zu anderen geplanten Geschichten. "Angelo" ist nicht unbedingt für jedermann etwas. Die Geschichte ist weder abgeschlossen noch weit fortgeschritten, so dass dieses Buch nicht für jeden etwas sein dürfte. Die Sprache ist äußerst gehoben und dementsprechend schwer zu verstehen. Wer leichte Kost mag, wird mit "Angelo" definitiv nichts anfangen können. Wer jedoch Romane im Stile der alten Autoren, wie Hesse oder Dürrenmatt mögt, dem wird auch "Angelo" gefallen.
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