Als langjährige Yogalehrerin bin ich mittlerweile mehr an der Philosophie als an der Asanatechnik interessiert, und finde es toll, dass es mittlerweile auch viele deutsche Bücher zu diesem Themenbereich gibt. Vor allem, wenn es darum geht, die alten Weisheiten ins moderne Leben zu integrieren – das ist auch mein Anliegen, und ich war gespannt.
Kurz zum Aufbau des Buches: zu Beginn gibt uns die Autorin einen kleinen Überblick über Philosophie generell – die westliche als auch die östliche. Im absoluten Schnellverfahren, klar, aber kurz, knackig, auf den Punkt gebracht, und dann geht es auch schon an die Yoga Sutras von Patanjali, einer der bekanntesten Yogaphilosophieschriften, welche auch in so gut wie allen Yogalehrerausbildungen durchgenommen wird. Und jetzt wird es interessant, denn Frau Beyer kaut nicht zum hundertdrölften Male den Ashtangapfad durch, der ansonsten immer herhalten muss, wenn es um Patanjali geht (okay, irgendwann landen wir zwangsweise auch hier, bei den „spirituellen Guidelines“, aber das ist nicht ihr Hauptthema), sondern sie hat echt Ahnung vom Thema und stellt das Werk als Ganzes vor, um dann einige Sutren / Aphorismen gezielt herauszugreifen, und näher zu betrachten. Und sowas hab ich bislang nur im englischsprachigem Raum in teuer bezahlten Philosophiekursen erlebt, von daher: super. Sie schafft es, die Verse einerseits zu erklären, and dann auch einen Bezug zum modernen Alltag herzustellen, immer mit der Frage an den Leser, alles selbst noch mal zu reflektieren: was kann das für mich ganz persönlich bedeuten? Wie kann ich von den alten Weisheiten profitieren?
Und so kommen wir dann zum Kapitel über „Schattenarbeit“ mit den 5 „Kleshas“, den von Patanjali definierten Leiden des Lebens, und wie wir damit umgehen, und auch hier ist immer alles sehr alltagstauglich erklärt und auf unser modernes westliches Leben im 21. Jahrhundert bezogen.
Im letzten Teil des Buches haben wir dann natürlich auch noch einen Asana-Praxisteil, sprich, es werden diverse Yogahaltungen vorgestellt und erklärt. Das rundet das Ganze dann ab.
Ich merke, ich habe jetzt auch hier in der Besprechung wie selbstverständlich ein paar Sanskritbezeichnungen verwendet – keine Bange, das Buch hat auch ein Glossar :-) , die wichtigsten Ausdrücke werden erklärt und übersetzt.
Das Buch ist generell reich photographisch bebildert mit der Autorin selbst als Model (und Kompliment, super ästhetische Bilder, wunderbar photographiert), und optisch sehr ansprechend gemacht. Insgesamt haben wir 160 Seiten, sehr viele davon reine Bildseiten, also wenn man das alles abzieht, sind es gar nicht soooo viele Textseiten, aber Frau Beyer bringt auf wenigen Seiten mehr an Information zur Yogaphilosophie und Interpretation dazu rüber, als die meisten anderen Autoren, die ich bislang gelesen habe. Und sie macht das richtig gut und verständlich. Das hier kann man einerseits interessierten Yoganeulingen empfehlen, andererseits ist das aber auch durchaus so tiefgehend, dass man das in der Yogalehrerausbildung nutzen sollte. Sprachlich null abgehoben, flüssig zu lesen und trotzdem wie gesagt in die Tiefe gehend – das ist mal ein Buch, das mich begeistert.
Ist natürlich ein bissel „special interest“, aber ich wünsche dem Buch in der „Yogaszene“ viel Erfolg!
Richtig gut gemacht, tolle Neuerscheinung!