Rezension zu "Hitlers Charisma" von Ludolf Herbst
Anhand Max Webers Herrschaftssoziologie versucht (und es gelingt ihm überzeugend gut) Ludolf Herbst – renommierter NS-Historiker – die Wirkweise nationalsozialistischer Herrschaft zu analysieren. Webers Herrschaftstypen, von denen die charismatische Herrschaft eine ist, werden seit dem frühen 20. Jahrhundert lebhaft erörtert und gerade auf die Diktaturen des 20. Jh. angewandt. Mit unterschiedlichem Erfolg, denn schon Weber sagte, die von ihm geschaffenen „Typen“ seien nur Leitbilder, die in jeder Herrschaft in gemischter Form vorkämen. Genau dies bestätigt Herbst. Die Person Hitlers ist so ambivalent, dass sich das „charismatische“ Element des Nationalsozialismus nicht nur mit Faszination begreifen lässt. Einerseits war Hitler ein Mensch absoluter Mittelmäßigkeit, andererseits konnte er Massen in seinen Bann ziehen. Hierzu bediente sich das Regime aber der Propaganda, die selbst oftmals äußerst einfältig war. Der neueren Forschung ist es indes immer mehr gelungen zu belegen, wie desolat die NS-Wirtschaftspolitik eigentlich war; Massenarbeitslosigkeit nur deshalb behoben werden konnte, indem wider alle Vernunft aufgerüstet wurde. Gleichzeitig manövrierte man sich ins außenpolitische Abseits, Sozialpolitik war laut Herbst durch die Verwaltung des Mangels gekennzeichnet und von den antimodernistischen und antikapitalistischen Zielen der NSDAP konnte wenig bis gar nichts umgesetzt werden. Die „Erfolgsbilanz“ ist also entweder erschreckend gering oder realisierte sich in einem Bereich, der destruktive Folgen nach sich zog und teuer erkauft war. Umso interessanter ist es, Herbst bei der Entzifferung nationalsozialistischer Herrschaft zu folgen – einem Faszinosum bis heute, in seiner Funktionsweise und seiner massiven Wirkung auf das Volk.