In „Krieg“, dem ersten Roman von Ludwig Renn, verarbeitet der Autor seine Erlebnisse während des ersten Weltkrieges.
Renn selbst, eigentlich Arnold Vieth von Golßenau, war adliger Abstammung, trat 1910 in die deutsche Armee ein und kämpfte von 1914-1918 als Offizier im ersten Weltkrieg.
Sein Roman beruht größtenteils auf persönlichen Aufzeichnungen, mit denen er noch während des Krieges begann. 1928 wurde sein Werk erstmals veröffentlicht.
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Renn beschreibt in seinem Roman die Erlebnisse und Handlungen eines einfachen Soldaten. Beginnend mit dem stimmungsvollen Vormarsch der deutschen Truppen über Belgien, hinüber zu den zermürbenden Stellungskriegen in Frankreich sowie dem späteren Zusammenbruch der deutschen Truppen, wird das gesamte Spektrum des Krieges an der Westfront geschildert.
Der Erzählstil Renns gleicht dabei oftmals dem eines Berichtes. Ereignisse, ob nun alltäglich oder grausam, werden einfach nur „erzählt“, ohne jegliche Form eines Bedauerns oder des Mitgefühls. Was der Stimmung des Romans jedoch keinen Abbruch tut, sondern im Gegenteil, dem empfinden eines Menschen in solch extrem Situationen, die über so viele Jahre andauerten, wohl recht nahe kommt.
Anhand von wunderbar präzise durchgeführten Beschreibungen der Schlachtfelder und den jeweiligen Stellungen der beteiligten Soldaten, schafft Renn es die Wahnwitzigkeit und vor allem die vollkommene Sinnlosigkeit des Stellungskrieges darzustellen. Auch das Stimmungsbild der Soldaten selbst, mit Unverständnis und Verdrossenheit für die politische Gesamtsituation eines Krieges auf der einen, Lebenshungrigkeit und unbedingtem Überlebenswille auf der anderen Seite, werden im Roman realitätsnah und glaubhaft geschildert.
Gerade auch die, von wechselseitiger Bedeutung geprägte, Beziehung vom einfachen Mannschaftsdienstgrad zum Offiziersrang wird durch Renns, wohl sehr persönliche Erfahrungen in diesem Gebiet, immer wieder in den Blickpunkt der Betrachtung gesetzt.
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Ludwig Renn hat es, zumindest in meinen Augen, geschafft, dieses für Außenstehende nur schwer wahrnehmbare und unkonkrete Gefühl eines real stattfindenden Krieges auf Papier zu bannen und die damit einhergehende Bedrohung für das eigenen Leben mit jeder Zeile, Kapitel um Kapitel, lebendig werden zu lassen. Im Gegensatz zu Erich Maria Remarque, der ja mit „Im Westen nichts Neues“ ein ebensolches brachiales wie feinfühliges Meisterwerk, die Auswirkungen des Krieges betreffend, hinterlassen hat, merkt man Renns Roman diese eindeutig bestimmte Soldatische Ader an, die jedem den Unterschied zwischen wirklichem Berufssoldat und eingezogenem Wehrdienstleistenden spüren lässt. Während man Remarques Protagonisten aufgrund seiner Weltsicht und Persönlichkeit leidend und hoffnungsvoll zugleich folgt, lernt man mit Renn die tatsächlichen Abläufe und Tätigkeiten eines Soldaten im ersten Weltkrieg kennen. Mit allen Unwägbarkeiten und Entbehrungen die solch ein Soldaten-Leben in Zeiten des Krieges mit sich bringt. Wer selbst einmal Erfahrungen mit Wehrdienst oder Auslandseinsätzen z. B. mit der Bundeswehr erlebt hat, wird sich das ein oder andere mal mit Renns Taten, Gefühlen und vor allem Handlungen identifizieren können.
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„Krieg“ – Der Titel hätte besser nicht gewählt werden können. Zwar wird wohl nicht jeder Leser sich mit Renns Erzählstil anfreunden können, noch Interesse am genau beschriebenen Kampfgeschehen haben. Doch jeder der schon immer einen Einblick in das Leben eines einfachen Soldaten an der Front nehmen wollte, zudem wissen will wie es ist Aug in Aug mit dem Feind zu stehen, hautnah zu erleben wie sich Krieg anfühlen kann, aussieht, schmeckt, sich anhört, zugleich sich auf alles und jeden auswirkt, der kommt an Ludwig Renns Bericht nicht vorbei.