„…unser …Gehirn wäre völlig überfordert, alles zu erfassen…Das Gehirn eines Lebewesen sortiert schon vorab. Wir sehen und begreifen nur, was für uns essentiell ist…“
Nermina ist Philosophiestudentin. Eines lauen Sommerabends zieht sie sich an einen See zurück. Ihr Professor hatte ihr ein Buch gegeben. Sie blättert darin. Es ging um den Zusammenhang von Philosophie und Naturwissenschaft. Plötzlich ist ein Fremder am See. Er verwickelt Nermina in ein eigenartiges Gespräch. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie wirklich die Wirklichkeit ist.
Das Buch ist eine gelungene Kombination aus Science Fiction und Wissensvermittlung.
Die Protagonisten sind gut charakterisiert. Nermina ist eine junge wissbegierige Frau, die bisher mit Physik nicht viel am Hut hatte. Marc, der Fremde, stammt von einem fernen Planeten. Seine Bewohner sind der Erde weit überlegen. Er ist als stiller Beobachter zur Erde gesandt, soll mit Einzelnen Kontakt aufnehmen und die eine oder andere Entwicklung vorsichtig anstoßen.
Die Rahmenhandlung besteht aus zwei Handlungssträngen. Marc bietet Nermina eine Reise in die Weiten des Weltalls an. Diese Reise und ihre Abenteuer bilden den großen Teil des Romans.
Bevor die beiden aber aufgebrochen sind, hat Marc Nerminas Professor einen Stein in die Hand gedrückt. Damit wird ein zweites Szenarium in Bewegung gesetzt.
Der für mich interessanteste Teil des Buches allerdings waren die Gespräche zwischen Marc und Nermina. Es geht um Religion und Philosophie, um die Fähigkeiten und Grenzen der menschlichen Sinne. An vielen Stellen aber hat Marc versucht, Nermina die Erkenntnisse der modernen Physik in verständlicher Weise zu erläutern. Das war schon deshalb notwendig, damit sie die technischen Spielereien an Bord und die Möglichkeiten dieser Reise verstand. Wegen dieses Zusammenhangs gelang es, diese Erläuterungen geschickt in die Handlung zu integrieren. Ich möchte hier nicht alle Themen ansprechen. Allerdings wird das Buch damit sehr anspruchsvoll. Wer sich die Mühe macht, die Gedankengänge nachzuvollziehen, wird vieles dazulernen oder in neuem Licht sehen. Kleinere Ungenauigkeiten, die nur dem auffallen, der sich in der Materie auskennt, sind sicher der Tatsache geschuldet, verständlich bleiben zu wollen. In philosophischen Fragen gibt der Autor Denkanstöße, ohne eine Meinung als allgemeingültig darzustellen. Gleichzeitig hatte er den Mut, gewagte Thesen zu vertreten. Welche? Das sollte der zukünftige Leser selbst herausfinden.
Schön finde ich, dass neben aller Wissenschaftslastigkeit auch die Ebene der Gefühle eine Rolle spielt. Gerade hier kehrt sich das Verhältnis zwischen Nermina und Marc um. Jetzt ist er der Lernende.
Der Sprachstil hat mir sehr gut gefallen. Ernste und gefühlvolle Teile wechseln ab. Vielfältige, gut gewählte Metapher dienen der Veranschaulichung von komplizierten Zusammenhängen. Die Beschreibung der Schönheit des Weltalls gelingt in eindrucksvollen Bildern. Die Technik der Zukunft ist fassbar dargestellt. Manche Dinge wünschte ich mir schon heute.
Im Anhang verweist der Autor auf Literatur, die die Grundlage für seine Recherchen waren.
Das Cover mit dem dunklen Weltall, dem Planet und dem fernen Licht passt ausgezeichnet zur Thematik.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Ich finde die Kombination aus spannender Handlung und wissenschaftlichen Gesprächen ausgewogen, wobei beides an entsprechender Stelle ihre Berechtigung hat. Allerdings bin ich mir bewusst, dass man dies auch anders sehen kann. Das Buch verlangt Aufgeschlossenheit gegenüber philosophischen Fragen und modernen Physiktheorien sowie die Fähigkeit und den Willen, ausgetretene Pfade gedanklich zu verlassen. Nur dann wird das Lesen zum Genuss.