Rezension zu "Maids of Misfortune (A Victorian San Francisco Mystery Book 1)" von M. Louisa Locke
Annie Fuller ist bereits seit einigen Jahren verwitwet, obwohl sie noch keine dreißig ist. Hier Mann hinterließ ihr einen Haufen Schulden. Nachdem sie eine Weile in Abhängigkeit von seinen Verwandten gelebt hat, kann sie nun mit einer Pension in San Francisco aus eigener Kraft klarkommen. Im Jahr 1879 eher ungewöhnlich für eine junge Frau, ohne männlichen Schutz. Zusätzlich verdient sie einige Dollar, in dem sie Menschen Ratschläge erteilt. Um dies zu kaschieren, verkleidet sie sich als Hellseherin Sibyl. Ihr ruhiges Leben wird allerdings jäh gestört als zum einen ein alter Gläubiger ihres Mann mit neuen Forderungen auftritt und als zum anderen ein wohlgelittener Kunde in seinem Haus tot aufgefunden wird.
Mit der selbstbewussten Annie Fuller hat eine Hobbydetektivin ihren ersten Auftritt, die mit ihrer sympathischen Art zu überzeugen weiß. Sie hat es nicht ganz leicht im Leben, doch sie hat sich ihren Platz erobert. Als sie ihre Position plötzlich bedroht sieht, setzt sie alles daran, zumindest den mysteriösen Todesfall aufzuklären. Die Todesumstände ihres Klienten scheinen nicht zu seinem Charakter zu passen. Dass ihr bei ihren Nachforschungen der Anwalt Nate Dawson, der für die Familie des Toten tätig ist, in die Quere kommt, stört Annie zunächst nicht so sehr. Als er sie doch sehr von oben herab behandelt, ist ihr Widerstand geweckt und Annie macht sich erst recht daran auf eigene Faust herauszufinden, was mit Matthew Voss geschehen ist.
In Victorianischen Zeiten hatten die Frauen grundsätzlich nicht viel zu sagen, doch kann man sich durchaus vorstellen, dass es Frauen wie Annie Fuller gab, die durch äußere Umstände zu einen selbstständigen Leben gezwungen waren und damit bestens zurechtkamen. Und mit ihrem Gegenpart Nate liefert sich Annie so manches amüsantes Wortgefecht, dass Nate hin und wieder die Augen für seine aus heutiger Sicht antiquierten Vorstellungen öffnet. Dabei kommt aber auch das Geheimnis um Matthew Voss’ Tod nicht zu kurz. Bei den Ermittlungen werden auch Annie die Augen geöffnet über das Dasein der Bediensteten, deren Anwesenheit sie doch für selbstverständlich nimmt.
Ein Whodunit der leichteren Art, der gut unterhält und spannende Lektüre bietet.