"Der Earl von Gaudibert" von M. W. Ludwig [4/5]
Das war nun also die erste Novelle des Art Skript Phantastik Verlags, die ich gelesen habe. Ich muss dazu sagen, dass ich diese auf einer Convention erworben habe und in den Genuss einer Lesung des Autors M. W. Ludwig gekommen bin. Er hat das so fabelhaft gelesen, dass ich spätestens danach die Novelle gekauft hätte, wenn ich es nicht schon längst getan hätte.
So kam es dann auch, dass der liebe Autor mir seine Novelle signiert hat, was mich sehr glücklich gemacht hat.
Ja, nun zur eigentlichen Novelle.
Ich lese ja zur Zeit sowiso auch gerne Geschichten, die nicht ganz die länge eines Romans erreichen (seien es nun Kurzgeschichten in Anthologien oder im Internet; oder auch Novelle, meistens jedoch von tor.com). Schon alleine weil es manchmal angenehmer ist, eine kürzere Geschichte zu lesen.
Und ich muss sagen, ich finde dieses Format war hier genau die richtige Wahl. Durch die gewählte Länge wird die Geschichte n keiner Stelle langweilig und es gibt keine unnötigen Füllszenen, die die Handlung nur unnötig gestreckt hätten. Die Handlung ist außerdem in sich gut geschlossen, deutet aber auf andere Erlebnisse der Hauptfiguren hin, was mir bei kürzeren Geschichten immer sehr gut gefällt.
Die Charaktere. Vor allem die drei Hauptfiguren Graham McPherson, Suggs und Gann Li-Pen haben mir sehr gut gefallen. Alle drei waren sehr unterschiedlich, nicht nur in ihrem Charakter, sondern der Autor versteht es auch, im Dialog die unterschiede zwischen den Figuren durch ihre Art zu sprechen, deutlich zu machen. Die drei sind auch alle wirklich liebenswürdig (auch wenn ich sagen muss, dass ich den titelgebenden Ear doch am liebsten mag) und ich hoffe, man wird noch einmal über die Abenteuer der drei lesen können.
Nunja, jetzt aber zu einem Schwachpunkt in der Geschichte. Der Gegenspieler hat zwar einen ziemlich interessanten Namen (St.John-Smythe), aber leider empfand ich ihn als ziemlich eindimensional. Er zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er von den Geschichten Grahams genervt ist und deshalb auch die Wette anstachelt, die Graham McPherson dazu zwingt, zu beweisen. Aber das war gar nicht so schlimm, diese Geschichte brauchte keinen vielschichtigen Schurken. Was mich viel mehr gestört hat, war ein anderer Charakter (Spoiler!)
Das Setting und auch die Atmosphäre haben mir echt gut gefallen. Man bekommt ein gutes Gespür dafür, wie Ludwig sein London haben möchte und vor allem schafft er es, ein unterschiedliches Flair in den unterschiedlichen Stadtteilen zu erschaffen, sodass sich diese auch nicht nur im Namen unterscheiden. Wie "steampunkig" diese Geschichte nun ist, muss jeder für sich selbst entscheiden, da hier meiner Ansicht nach das Abenteuer selbst und nicht die Technik im Vordergrund steht, was aber sehr gut zu der Geschichte passt.
Was mich aber mit am meisten begeistert hat, waren die Verwiese auf reale und/oder fiktive Figuren der damaligen Zeit. H.G. Wells gehört unter anderem zu den Charakteren, die am Rande der Geschichte auftauchen und Arthur Conan Doyle wird ebenfalls erwähnt (und ja, es gibt auch ne Referenz zu Sherlock Holmes im Roman). Über solche Dinge freue ich mich immer unglaublich, da sie für mich, vor allem in kürzeren Werken, immer ein weg sind, den Leser zu erreichen, von dem der Autor annimmt, dass dieser die Bezüge versteht.