Rezension zu "Das Erbe der 68er" von Magdalena Paulus
Dieses Buch ist so vielschichtig, dass es sich nur schwer in ein Genre oder eine Kategorie einsortieren lässt. Magdalena Paulus analysiert in „Das Erbe der 68er“ treffsicher und pointiert die Ursprünge und Hintergründe der Studentenbewegung. Schonungslos hinterfragt sie die damaligen Ziele und heutigen Ergebnisse der Kulturrevolution und schärft insbesondere auch den Blick des Lesers für deutsche Besonderheiten (denn nicht überall auf der Welt verlief sie so wie hier). Dabei spart sie nicht mit Kritik am Verhalten des Establishments und der Kirchen, damals wie heute.
Paulus beschreibt jedoch in Auszügen ebenfalls ihre persönliche Geschichte, die eng mit der Studentenbewegung verknüpft ist. Geboren in Köln als Kind einer Arbeiterfamilie war sie ein aktiver Teil davon und erlebte hautnah mit, was viele heute nur aus dem Fernsehen und geschichtlichen Rückblicken kennen. „Das Erbe der 68er“ ist also auch ein wertvolles Stück Zeitgeschichte – und besonders selten daran ist, dass Paulus in ihrer Analyse weitestgehend objektiv bleibt.
Ihr Schreibstil lebt von ihrem Werdegang – als freie Journalistin versteht sie es, die Dinge auf den Punkt zu bringen und zuzuspitzen. Das Buch ist zudem stark gegliedert und mit vielen Unterkapiteln versehen, was das Lesen von fast 300 Seiten leichter und flüssiger macht. Ich habe das Buch nicht am Stück, sondern in mehreren „Häppchen“ gelesen und hatte keine Probleme, immer wieder reinzukommen, was in meinen Augen sehr für die Vorgehensweise der Autorin spricht. Schön hätte ich persönlich ein Stichwortverzeichnis gefunden.
Dem Leser sollte klar sein, dass „Das Erbe der 68er“ keine Unterhaltungsliteratur, sondern ein Sachbuch ist – zwar gut geschrieben, aber anspruchsvoll. Magdalena Paulus schreibt hier in erster Linie für Menschen mit einer akademischen Ausbildung und/oder Menschen, die sehr belesen sind.
„Das Erbe der 68er“ ist daher empfehlens- und lesenswert für …
- alle, die ein Interesse an (jüngerer) Geschichte haben und erst nach 1980 geboren sind,
- jeden (Christen), der begreifen möchte, warum unsere Gesellschaft heute so ist, wie sie ist,
- Christen jeglicher Konfession, die bereit sind, sich hinterfragen zu lassen,
- Christen in Leitungspositionen (Pastoren/Pastorinnen, Gemeindereferenten/-referentinnen, Jugendleiter/innen, …), sowie
- Studenten mit Soziologie, Sozialwissenschaften, Geschichte oder Gesellschaftswissenschaften im Haupt- oder Nebenfach.