Ein interessantes Buch. Mobbing in den Endneunzigern, das ist das Hauptthema dieses Buches, aber Mobbing wird hier anders erklärt, deutlich treffender in meinen Augen. Denn ebenso ist in diesem Buch eine Gesellschaftskritik zu finden, die ins Damals/in die damalige Zeit/in die Handlung des Buches passt, aber ebenso schafft es Maik Gerecke mit etwas scharfen Worten die Handlung des Buches mit dem Jetzt/mit dem Heute zu verbinden. Der Autor schafft dies mit im Text gezogenen Vergleichen, eine interessante Art zu schreiben, wie ich finde. Auch diesen tragenden Sarkasmus fand ich herrlich in diesem Buch. Denn Mobbing wird immer auch von der Gesellschaft getragen und ist zum Beispiel in unserer vernetzten Gesellschaft viel besser/viel wirksamer/viel ausufernder möglich. Das ist etwas, was wir in unserer gläsernen Welt nicht vergessen sollten. Genauso wie wir nicht vergessen sollten, dass es bestimmten Kreisen in unseren Ländern gefällt, dass im Gleichschritt gegangen wird. Ziele von Mobbing werden oft Menschen, deren Gang nicht der Gleichschritt ist. Auch das und auch die große Gefahr darin sollte uns bewusst sein. Denn obwohl bei Mobbing immer sehr betroffen getan wird, Schuld an dieser Schikane trägt eine große Anzahl von Menschen, alle die nämlich, die zusehen und nichts tun. Und das sind viele. Genauso wie sich viele daran beteiligen. Ob nun direkt oder indirekt, denn auch manche Blicke oder unterschwellige Botschaften können verletzen. Das sind für mich herauslesbare Fakten in diesem Buch, Fakten, deren Sichtbarmachung mir sehr gefallen hat. Auch wenn die Schreibe nicht immer berauschend gut ist, hier besteht noch Verbesserungspotenzial. Die Erzählstimme ist mir zwar anfänglich sympathisch, wirkt aber nach und nach immer steriler, gekünstelter und unechter, nach und nach übernimmt die Botschaft des Autors die Führung und die Erzählstimme wirkt etwas entmenschlicht und blechern. Das ginge auch anders. Aber dennoch ist "Feßmann" ein interessantes Buch!
Maik Gerecke
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Feßmann
Neue Rezensionen zu Maik Gerecke
Mit dem Aufschlagen des Buches geraten wir in eine äußerst angespannte und hochbrisante Situation:
Maik Gerecke ist mir schon in den zwei Anthologien („Zerschlagen“ und „*innen – Frauengeschichten“) des VHV-Verlags positiv aufgefallen. Darum war ich erfreut, als ich im Verlagsprogramm die Vorankündigung einer Novelle von ihm entdeckte.
Nun, mit „Feßmann“ (so der Titel) ist Maik Gerecke eine (Fazit vorab) eindrückliche Erzählung gelungen, die das Gestern ins Heute holt und zeigt, wie aktuell das Thema "Mobbing" immer noch ist!
Der Ich-Erzähler erzählt den Leser*innen in Rückblenden die Geschichte eines, nun ja, ungewöhnlichen Amoklaufs mit noch ungewöhnlicherer Munition und wie es dazu kommen konnte. Der titelgebende Fabian Feßmann wird von allen an seiner Schule, die mitten in einem (im wahrsten Sinne des Wortes) rückwärtsgewandten kleinen Ort irgendwo in Deutschland steht, gehänselt und gemobbt. „Der Neue“ (der Ich-Erzähler) will sich daran nicht beteiligen; er ist der Meinung „[…] keiner hat es verdient, so behandelt zu werden. Auch der schrullige Fabian Feßmann nicht.“ (S. 63). Darum versucht er, Fabian „ins Boot zu holen“, sich mit ihm anzufreunden, was ihm zumindest auch zeitweise gelingt – nur um dann selbst zum „nächsten“ Hassobjekt der Schule zu werden.
Maik Gerecke zeigt eindrucksvoll, was Mobbing bewirkt, lässt den Ich-Erzähler sich fragen, wie es (ob bewusst gewollt oder „nur mitgemacht, weil es jeder macht“ – beides ist unmenschlich) entsteht („Wer ist schuld an all den Fabians, den Hitlers, Stalins und Trumps? Waren wir nicht wachsam genug? Zu sehr mit uns selbst beschäftigt? Vielleicht ist unsere Kultur zu keinem Zeitpunkt ihrer Entwicklung jemals erwachsen gewesen.“ (S. 110)) – das alles (zum Teil) in der Sprache des heutigen Gestern und mit hinter den schwarzen Buchstaben versteckten Humor sowie der Verbeugung vor kultigen Science-Fiction-Serien.
Wie immer im VHV-Verlag ist auch dieses Büchlein hochwertig gestaltet mit viel Liebe zum Detail.
Glasklare Leseempfehlung!
©kingofmusic
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