Die Romanvorlage hat schon viele Schüler zur Verzweiflung gebracht. Dies hier ist die Comicadaption von Kafkas wahrlich kafkaeskem Werk.
Josef K. wacht eines Morgens auf und wird verhaftet. Der Beginn eines zermürbenden und maternden Prozesses, der für K. bis zum Schluss unlogisch bleibt.
Diese Graphic Novel ist eine gelungene Adaption des Klassikers, denn die beengende, bedrohliche, undurchsichtige und alptraumhafte Stimmung des Romans wird in den expressionistischen, detailreichen und symbolbeladenen Schwarzweiß-Zeichnungen gut eingefangen. Die Zeichnungen haben eine wahrhaft verstörende, unheimliche, gehetzte und bizarre Wirkung. Montellier und Mairowitz deuten Kafkas Roman autobiografisch: Josef K. trägt Kafkas Gesichtszüge, es wird also eine Möglichkeit den Roman zu betrachten vorweggenommen. Wie jede Literaturverfilmung ist auch jeder Literaturcomic eine Interpretation des umgesetzten Stoffes. Ansonsten halten sich Montellier und Mairowitz nah an die Vorlage, ihre Deutung ist nicht zu extrem oder innovativ.
An Kafka mag ich, dass man sein Werk so deuten kann wie man will, weil es nebulös, rätselhaft, verschleiernd und unklar bleibt. Es ist nicht eindeutig, alles bleibt offen. Nur wenige Autoren sind so bedrückend wie Kafka. Kafka ist trist, Kafka ist düster, Kafka ist niederschmetternd. Aber vielleicht schafft es sein „Prozess“ ja auch einen aus der eigenen Passivität aufzuwecken, denn das ist es, woran Josef K. letztendlich scheitert – das habe ich jedenfalls weitestgehend herausgelesen. Es macht sicher keinen „Spaß“ Kafka zu lesen, aber das soll es auch gar nicht. Er hat seine Daseinsberechtigung. Es braucht Literatur, die uns einen Dämpfer verpasst und uns an die Sinnlosigkeit, Absurdität und Unzulänglichkeit unserer Existenz erinnert. Für wen das nichts ist, der lässt es sein.
Fazit: Wenn Du generell nicht mit dem Schreiben Kafkas klarkommst, wird auch dieser Comic wahrscheinlich nicht den Beginn einer Freundschaft markieren. Versuchen kannst Du es ja trotzdem. Vielleicht bietet Dir das gezeichnete Wort einen anderen Einstieg in das Schaffen Kafkas? Vielleicht fasziniert und beeindruckt er Dich doch noch? Wenn Du Dich für Kafka interessierst, einen alternativen Annäherungsversuch wagen oder Dir einfach einen Überblick über den Romaninhalt verschaffen willst, sei Dir diese Graphic Novel von Montellier und Mairowitz empfohlen.
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https://jubiwi.wordpress.com/2016/03/07/buchvorstellung-der-process/