Ich muss zugeben, ich habe mich durgequält. Die Autorin bespricht mit vielen Worten in ihrem Buch " Nachtfrauen" alle Problematiken, die ein Frauenleben bieten kann, angefangen vom Mutter- Tochter - Konflikt, Bezeihungsprobleme, Missbrauch , Abtreibung, und Armut. Damit es auch wirklich bunt wird, lässt sie das Ganze im slowenisch- kärntnerischen Volksgruppenmilieu spielen und schreckt auch vor der großen Frage nach dem Sinn des Lebens nicht zurück. Bei so vielen Themen bleibt für eigentliche Handlung nur ein Skelett übrig. Vielleicht können Menschen aus dem gleichen Milieu mit ähnlicher Geschichte mehr damit anfangen, für mich war es eine Qual.
Maja Haderlap

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Engel des Vergessens
Nachtfrauen
Nachtfrauen
Neue Rezensionen zu Maja Haderlap
Maja Haderlap nimmt uns mit in die Vergangenheit von Frauen aus drei Generationen, aber auch um ihre Herkunft. Besonders interessant fand ich, dass die Autorin auch das Thema einer Minderheit in Österreich aufgegriffen hat, denn ich bin zwar eine österreichische Biberin, aber ich muss gestehen, dass ich mich mit dem Thema noch kaum beschäftigt habe. Jetzt habe ich mir, aber vorgenommen mich mehr mit dem Thema zu beschäftigen.
Die Sprache? Ein Traum. Haderlap schreibt so poetisch, dass ich oft innehalten musste, um die Worte wirken zu lassen. Aber Achtung: Manchmal verliert sich der Text ein wenig in seiner Schönheit, und ich habe mich gefragt, wann es wieder vorangeht. Für Ungeduldige könnte das ein kleiner Stolperstein sein.
Mein Fazit: Nachtfrauen ist ein Buch für stille Nächte, in denen man bereit ist, sich von der Dunkelheit umarmen zu lassen – und am Ende trotzdem einen Funken Hoffnung findet. Wer sich auf die Reise einlässt, wird belohnt.
ALL DIE UNGESAGTEN DINGE...
Als Mira ins Auto steigt, um sich auf den Weg nach Südkärnten zu machen, weiß sie, dass ihr schwierige Tage bevorstehen: Ihre alte Mutter muss auf den Auszug aus dem Haus vorbereitet werden, in dem sie vor Jahrzehnten als ungelernte Arbeiterin mit den damals noch kleinen Kindern Obdach gefunden hat. Tatsächlich verdichten sich im Lauf der folgenden Wochen die Erinnerungen an eine als traumatisch erlebte Kindheit, die vom frühen Tod des Vaters genauso belastet war wie von der rigiden patriarchalen Ordnung und den Dogmen der katholischen Kirche. Die alten, unaufgelösten Konflikte verschaffen sich neuen Raum, und Mira beginnt zu verstehen, dass sie von den lang beschwiegenen Lebensgeschichten ihrer Ahninnen befeuert werden: Tagelöhnerin die eine, die unter dramatischen Umständen ums Leben kam, Partisanin die andere, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr nach Kärnten zurückkehrte. (Verlagsbeschreibung)
Dieser Roman stand auf der Shortlist des letztjährigen Österreichischen Buchpreises, konnte sich zuletzt aber nicht gegen den Gewinnertitel durchsetzen. Mich machte der Klappentext neugierig, und eine Leseprobe verstärkte die Neugierde noch. Tatsächlich habe ich dann aber lange für den Roman gebraucht, zum einen weil er so vielschichtig ist und bedeutsame Themen miteinander verwebt, zum anderen aber auch, weil es in der Mitte durch einen Perspektivwechsel einen deutlichen Bruch gab, auf den ich mich zunächst nur schwer einstellen konnte.
Der erste Teil wird aus der Perspektive der Mittfünfzigerin Mira erzählt, die ihren Mann für eine Weile in Wien zurücklässt, um in ihr Heimatdorf in Südkärnten zurückzukehren. Dort lebt ihre alte Mutter, der sie schonend erklären muss, dass sie nicht länger in dem alten Haus wohnen bleiben kann - nicht nur wegen ihrer zunehmenden Hilflosigkeit, sondern auch deshalb, weil der Neffe mit dem Hof andere Pläne hat und das Haus dafür abgerissen werden soll. Rasch wird deutlich, dass es zwischen den beiden Frauen viele offene Themen gibt, die nie angesprochen wurden und die auch jetzt noch totgeschwiegen werden. Mira stößt im Haus auf viele Erinnerungsstücke, und Fetzen der Vergangenheit holen sie ein. Begegnungen im Dorf verstärken die Erinnerungsreise noch.
In der Mitte des Romans wechselt die Perspektive dann plötzlich zu Miras Mutter Anni, was für mich den benannten Bruch ergab. Doch wird schließlich deutlich, dass sich bestimmte Themen wie eine traumatische Kindheit, der frühe Verlust des Vaters, die erlebte Härte und Lieblosigkeit der Mutter, Schuldgefühle, das Alleinbleiben mit schweren Themen, weil alle schwiegen, aber auch gesellschaftliche Aspekte wie festgelegte Frauenrollen in einem extrem patriarchalen System, die schwierige Rolle der Slowenen im österreichischen Südkärnten als ewige Außenseiter, die eigene Identitätssuche angesichts aufgezwungener und verinnerlichter Leitbilder, die Rolle der dogmatischen katholischen Kirche u.a.m., durch die Generationen ziehen.
Viele Themen also für den nur vordergründig ruhigen Roman, der, wenn man sich darauf einlässt, beim Lesen stellenweise für eine Enge in der Brust sorgt, weil das einschnürende Korsett des Lebens in dem Kärntner Dorf geradezu spürbar wird. Kein angenehmens Leseerlebnis, aber ein eindrucksvolles. Und wieder einmal bin ich froh, ein Kind meiner Generation zu sein und mich bewusst gegen das Totschweigen brisanter Themen entscheiden zu können, anders noch als meine eigenen Eltern. Ich habe mich Mira daher tatsächlich nahe gefühlt, auch wenn die Erzählung selbst eher auf Distanz blieb.
Ein Roman, der das Leben dreier Generationen von Frauen beleuchtet, denen die Autonomie verwehrt blieb bzw. die schwer daraum ringen mussten. Verluste, Schweigen und Schuld, dazu eingewebt gesellschafts- und sozialkritische Aspekte - keine leichte Lektüre, aber eine nachhallende.
© Parden
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