Cover des Buches your name. (ISBN: 9783770496778)
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Rezension zu your name. von Makoto Shinkai

Wie ist dein Name?

von Lena_AwkwardDangos vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Eine herzerwärmende, melancholische Geschichte über zwei junge Menschen, deren Leben über Zeit und Raum miteinander verbunden sind

Rezension

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Lena_AwkwardDangosvor 6 Jahren
Wie kann man jemanden in- und auswendig kennen, ohne ihm jemals begegnet zu sein? your name ist die Romanfassung des gleichnamigen Films aus dem Jahr 2016, der als der erfolgreichste Animefilm aller Zeiten gilt. Natürlich war ich super neugierig auf die Geschichte, die bereits so viele Menschen begeistern konnte!


"War es nicht das, was ich mir damals vorgenommen habe? Zu kämpfen. Zu leben. Zu atmen und zu laufen. [...] Eben ganz normal zu leben. [...] Ich weiß zwar nicht, was ich mir erhoffe, aber ich weiß, dass ich mir die ganze Zeit etwas wünsche." S. 271


♥ Inhalt ♥

Mitsuha lebt in einem Dorf in den Bergen, sehnt sich aber nach einem aufregenden Leben in der Stadt. So sehr, dass sie eines Nachts sogar beginnt davon zu träumen: Im Schlaf ist sie Taki, ein Junge aus der Metropole Tokio. Als aus dem Traum plötzlich Realität wird und Mitsuha in Takis Körper aufwacht, ist sie vollkommen verwirrt. Wer ist dieser Junge? Was macht sie in seinem Körper? Und vor allem: Wie kann sie das wieder umkehren? Eine berührende Liebesgeschichte durch Zeit und Raum nimmt ihren Lauf…

Der Originalroman zu Makoto Shinkais Kinomeisterwerk your name.

Text: Egmont Manga


♥ Cover & Aufmachung ♥

Insgesamt finde ich die Gestaltung des Romans sehr gelungen, denn die überwiegend weiße Klappenbroschur erweckt einen sehr hochwertigen Eindruck. Das Cover ist recht schlicht in einem matten Weiß gehalten, nur in der oberen Hälfte ist eine hübsche farbige Abbildung aufgedruckt, die aus dem Film stammt. Diese zeigt die beiden Protagonisten sowie die zwei verschiedenen Welten, in denen sie leben. Die blaue Farbe wirkt sehr beruhigend auf den Betrachter und wird auch in der Farbgebung des geprägten Buchtitels noch einmal aufgegriffen. Im Innenteil findet sich ein Glossar mit einigen wichtigen Begriffen, falls man sich nicht so gut mit der Kultur und Geographie Japans auskennt oder sich einfach für Zusatzinfos interessiert.


♥ Umsetzung ♥

Der Roman liest sich gleichermaßen verwirrend wie faszinierend. Den Einstieg empfand ich als etwas schwierig, da man sich erst allgemein in der Geschichte und mit den beiden Perspektiven von Taki und Mitsuha zurechtfinden muss, doch nach einigen Seiten konnte ich mich voll und ganz auf das Geschehen einlassen. your name beginnt wie eine dieser typischen "Körpertausch-Geschichten", wie man sie haufenweise in Hollywood-Streifen, Serien und auch einigen Mangas finden kann. Im Traum tauschen zwei Jugendliche die Körper: Während sich Taki plötzlich im Leben eines Mädchens vom Lande wiederfindet, erlebt Mitsuha Tokio im Körper des Jungen. Sobald sie allerdings wieder in ihren eigenen Körpern stecken, können sie sich kaum an das Erlebte erinnern. Die beiden müssen lernen mit dieser unwirklichen Situation umzugehen, die Rolle des jeweils anderen zu spielen und dessen Alltag zu meistern, was mitunter zu sehr witzigen und skurrilen Situationen führt. Sehr witzig fand ich zum Beispiel, wie Mitsuha den Weg zu Takis Schule nicht findet, im Café sein Geld für Desserts ausgibt und einfach Verabredungen für ihn arrangiert. So bietet die Geschichte so einige humorvolle Passagen.

Doch eine Frage lässt auch den Leser nicht los: Aus welchem Grund findet der unfreiwillige Körpertausch statt? Was anfangs nach einer verrückten Alltagscomedy klingt, entfaltet sich nach und nach zu etwas viel Größerem, einer komplexen und mitreißenden (Liebes-)Geschichte. Denn Taki und Mitsuha sind aus einem ganz bestimmten Grund miteinander verbunden und plötzlich ändert sich alles: Die Ereignisse überschlagen sich und eine unvorhergesehene Wendung lässt alles in einem ganz neuen Licht erscheinen... Die Geschichte entwickelt sich in eine unglaublich spannende, mysteriöse Richtung, weiß zu bewegen und zu berühren. Mitunter klingen auch melancholische, nachdenklich stimmende Töne mit, die Makoto Shinkais Werk eine Tiefgründigkeit verleihen, mit der ich nicht gerechnet hätte. Mehrmals hatte ich Tränen in den Augen, besonders am Ende. Man sollte your name also auf keinen Fall unterschätzen, nur weil die Handlung zunächst etwas unscheinbar wirkt.


♥ Charaktere ♥

Die beiden Hauptcharaktere Mitsuha und Taki sind sehr liebenswert und wuchsen mir schnell ans Herz. Beide sind auf der Suche nach ihrem Platz in der Welt und finden diesen schließlich durch die Begegnung mit dem jeweils anderen. Mitsuha hat ihr ganzes Leben in den Bergen verbracht. Dieses Leben erfüllt sie jedoch nicht, es langweilt sie eher und die veralteten Traditionen ihrer Familie drohen sie immer mehr zu erdrücken. Sie wünscht sich nichts mehr als in der Metropole Tokio zu leben, doch als dieser Traum schließlich in Erfüllung geht, ist das sonst so abenteuerlustige Mädchen natürlich komplett überfordert mit der neuen Situation. Wie begeistert Mitsuha all die neuen Eindrücke in sich aufnimmt, ist schon wirklich süß und auch lustig. Im Gegensatz dazu hat Taki kein wirkliches Ziel im Leben, wenn er sich auch für Architektur interessiert. Er traut sich nicht so recht seine hübsche Arbeitskollegin nach einem Treffen zu fragen und lebt in den Tag hinein, bis er sich plötzlich in Mitsuhas Welt wiederfindet. Nach und nach schließt er dieses kleine Dorf, die Landschaft, die Menschen und auch Mitsuha selbst immer mehr ins Herz, was ich sehr schön dargestellt fand. Als er schließlich die Wahrheit aufdeckt und das volle Ausmaß der Geschehnisse begreift, wächst er regelrecht über sich hinaus. Seine selbstlose und hilfsbereite Art sind es, die wirklich Eindruck bei mir hinterlassen haben.

Dennoch hätte ich mir sowohl bei Mitsuha als auch bei Taki ein wenig mehr Persönlichkeit gewünscht, besondere Eigenarten und Verhaltensmuster. Auf den gerade einmal 304 Seiten ist leider nicht allzu viel Raum gegeben, um ihnen Tiefe und Leben einzuhauchen. So stehen weniger die Charaktere als die eigentliche Story im Vordergrund. Dementsprechend im Hintergrund halten sich auch die Nebencharaktere. Es gibt zwar einige, denen eine etwas größere Rolle zuteilwird - nämlich den Freunden aus der Schule oder Takis Kollegin Okudera - allerdings empfand ich auch diese als eher austauschbar. Mitsuhas Großmutter dagegen ist ein sehr interessanter Charakter, da sie spirituell veranlagt ist und sich somit sehr geheimnisvoll gibt.


♥ Schreibstil ♥

Makoto Shinkais Erzählweise würde ich als sehr besonders und komplex bezeichnen, da sich die Sichtweisen der beiden Teenager abwechseln, diese sich aber entweder in ihrem eigenen oder im Körper des jeweils anderen befinden können. So ist man sich oft nicht ganz sicher, wer gerade erzählt und in welchem Körper steckt, weshalb man dem Buch mit entsprechender Aufmerksamkeit und Konzentration begegnen sollte. Die beiden Perspektiven spiegeln sich auch im Layout des Buches wider, denn die Passagen aus Mitsuhas Sicht sind links-, die aus Takis Sicht rechtsbündig gehalten, was auf den ersten Seiten noch befremdlich wirkt, aber gut funktioniert. Die Ich-Erzähler wechseln kontinuierlich, oft schon nach wenigen Zeilen, sodass man erfährt, was in beiden gerade vorgeht und wie sie mit ähnlichen Situationen umgehen. Genial finde ich auch, wie manchmal die Gedanken des einen durch die des anderen vervollständigt werden und so zwischen den beiden gesprungen wird. Obwohl an Beschreibungen der Umgebung und der Charaktere eher gespart wurde, konnte ich mir alles sehr gut vorstellen und die überfüllte Großstadt Tokio sowie das ländliche Leben in Itomori mit vielen visuellen Eindrücken verbinden. Der Film wird da mit Sicherheit noch eine gute Ergänzung abgeben.

Leider liest sich der Schreibstil aber an vielen Stellen recht holprig, von der Wortwahl sehr einfach und oft verwirrend, wobei ich nicht weiß, inwieweit dies dem japanischen Originaltext oder der Übersetzung geschuldet ist. Die japanische Sprache unterscheidet sich in ihrem Aufbau ja stark vom Deutschen und so ist es oft schwierig, einen Roman angemessen aus dem Japanischen zu übersetzen. In diesem Fall hat man sich wohl für eine recht wortgetreue Übersetzung entschieden. Dadurch hält man sich zwar nahe an den Originaltext, jedoch liest sich das Buch dadurch etwas "befremdlich" und nicht ganz flüssig, gerade was die Satzstellung und Ausdrucksweise angeht. Es wurden außerdem auffällig viele Füllwörter übernommen, wie zb "umm", "kyaa" oder "häää" mit beliebig vielen Äs hintendran, was ich persönlich irritierend finde. Man muss über diese Eigenarten, wie man sie in westlichen Romanen eher nicht finden wird, wohl einfach hinwegsehen können und selbst entscheiden, ob man mit einem Buch dieser Art etwas anfangen kann.


♥ Fazit ♥

Eine herzerwärmende, melancholische Geschichte über zwei junge Menschen, deren Leben über Zeit und Raum miteinander verbunden sind. Der Roman hat mich wirklich umgehauen, mitgerissen und überrascht, zum Lachen und zum Weinen gebracht. Einige Abzüge gibt es leider durch den etwas holprigen Schreibstil (+Übersetzung) und die ausbaufähigen Charaktere, sodass die Bezeichnung "Meisterwerk" vielleicht etwas übertrieben wäre. Am besten sollte man sich ergänzend den Film anschauen oder den Manga lesen, da beide Medien visuell noch einiges zu bieten haben. Generell kann ich diesen wundervollen Roman aber jedem ans Herz legen! your name bietet eine sehr besondere Geschichte, nicht nur für Manga- und Animefans!


Ich danke Egmont Manga für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplars.
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