Rezension zu "Glücklich wie ein Däne" von Malene Rydahl
Hygge ist in. Eine ganze Reihe Bücher beschäftigt sich in diesem Frühjahr mit dem Lebensgefühl und der Lebenseinstellung der Dänen. Seit etwa 40 Jahren gelten die Dänen in unterschiedlichsten Umfragen als die glücklichsten Menschen der Welt. Und was läge da näher, als dem Rest der Welt mitzuteilen, wie man Glücklich wie ein Däne wird. Malene Rydahl hat ihre 10 Geheimnisse der zufriedensten Menschen der Welt aufgeschrieben. Der Zufriedensten, nicht der Glücklichsten. Und da sind wir schon mittendrin im dänischen Nationalcharakter, der Bescheidenheit besonders hoch bewertet.
Die Dänen sind ein kleines Königreich mit gerade einmal 5,6 Millionen Einwohnern. Was sicherlich dem Gefühl eine große Familie zu sein, zuträglich ist. Auch ist das Land nicht gerade ein Flächenland und von keinem Punkt des Landes ist das Meer weiter weg als 50 Kilometer. Alles ist eben etwas kleiner und muckeliger. Und so sind auch die Bestrebungen der Dänen zurückhaltender. Gerade die Deutschen könnten hier vieles von den Dänen lernen. Das Land in der Mitte von Europa, das sich gerne auch mal für den Mittelpunkt der Welt hält (Fußballweltmeister, Exportweltmeister… unter Weltmeister machen es die Deutschen eben nicht), hat den Wettbewerb aller gegen alle, zum obersten Prinzip erhoben.
Ganz anders Dänemark. Hier gilt es grundsätzlich einander zu vertrauen. Ständige Angst und Misstrauen schafft nur besorgte Bürger. Vertrauen hingegen steigert nicht nur die persönliche Zufriedenheit, sondern stärkt auch das Gefühl der dänischen Familie. Weitere wichtige Lebenseinstellungen sind der starke Sozial-und Wohlfahrtsstaat, der jedem die gleichen Bildungschancen gibt, so dass alle (mehr oder weniger) die gleichen Aufstiegschancen haben. Solidarität ist wichtiger als persönlicher Profit. Geld und Reichtum spielen eine wesentlich geringere Rolle in Dänemark als in anderen Länder der OECD.
Das skandinavische Modell
Wichtiger als monetärer Erfolg, ist Zeit mit der Familie zu verbringen oder sich seinen Hobbys und der damit verbundenen Sinnerfüllung zu widmen. Hohe Steuern zu entrichten, um das Gemeinwohl zu sichern, zum Beispiel die kostenlose Krankenversicherung für alle, ist wesentlicher Bestandteil des kollektiven und dadurch auch des individuellen Glückes. Die dänische Gesellschaft vereint die besten Anteile des Liberalismus und sozial(demokratisch)er Einstellungen. Eine andere Welt scheint möglich. Für Deutsche vielleicht etwas schwer zu verstehen, hat doch kaum jemand den neoliberalen Geist so verinnerlicht. Das skandinavische Modell als Wegbereiter für mehr Zufriedenheit, Gleichheit und Gerechtigkeit.
So lehnt das dänische Bildungssystem zum Beispiel Elitenbildung ab. Da bekommen Konservative und Marktradikale bereits einen Herzinfarkt. Das Gleiche dürfte für die freie Sexualmoral und die Gleichstellung der Geschlechter in Dänemark gelten. Insofern ist das Modell Dänemark mit seinem glücklich machenden Lebensgefühl Hygge nichts für Besitzstandswahrer und Egomanen. Für alle anderen, die offen und liberal durch die Welt gehen, ist „Glücklich wie ein Däne“ einfach ein schönes Buch. Es erinnert sicherlich an Paul Watzlawicks Anleitung zum Unglücklichsein, ohne natürlich die psychologische Tiefe zu besitzen. Auch hat Watzlawick mit mehr Humor geschrieben. Dafür ist Rydahls Buch weitaus hyggeliger.