Manichi Yoshimura

 4 Sterne bei 11 Bewertungen
Autor*in von Kein schönerer Ort.

Lebenslauf

Manichi Yoshimura, geb. 1961 in Ehime, aufgewachsen in Osaka. Studium in Kyoto. Gab erst spät sein literarisches Debüt. Akutagawa-Preisträger des Jahres 2003. Kein schönerer Ort (OT: Borādo-byō) erschien in Japan zuerst im Januar 2014. Anlass des Schreibens waren der Tsunami und die Reaktorkatastrophe in Fukushima vom 11.3.2011.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Manichi Yoshimura

Cover des Buches Kein schönerer Ort (ISBN: 9783944751191)

Kein schönerer Ort

 (11)
Erschienen am 13.08.2018

Neue Rezensionen zu Manichi Yoshimura

Cover des Buches Kein schönerer Ort (ISBN: 9783944751191)
D

Rezension zu "Kein schönerer Ort" von Manichi Yoshimura

Essen sie lieber nichts aus Umizuka …
DarkPassengervor 3 Monaten

Die Story beginnt harmlos, eine scheinbar überforderte, alleinerziehende Mutter mit einer Tochter, die viel Fantasie und Neugier besitzt. Aber dann stirbt das erste Kind in der Schule und man fragt sich, ob die Mutter nicht mit Recht so argwöhnisch ist. Ob die Nachbarn oder Arbeitskollegen sie ausspionieren und ob die scheinbar freiwilligen Aktionen für eine noch schönere Stadt nicht erzwungen sind. Es bleibt alles sehr vage, aber man kann ahnen, dass es hier um eine Umweltkatastrophe geht, die stillschweigend zur Kenntnis genommen wird und Menschen das Leben kostet, da man darauf beharrt, dass alles, was man frisch und regional konsumiert, gesund ist. Es gibt keine Lösung oder Hoffnungsschimmer. Der Leser bleibt nachdenklich zurück, mit dem Wissen, dass es erschreckend realistisch ist.

Cover des Buches Kein schönerer Ort (ISBN: 9783944751191)
Beusts avatar

Rezension zu "Kein schönerer Ort" von Manichi Yoshimura

Kyoko denkt nach
Beustvor 5 Jahren

Umizuka ist ein Ort, der immer schöner werden soll. dafür sind den Einwohnern zahlreiche Regeln auferlegt worden - vom nachbarschaftlichen Mülleinsammeln, Grünanlagenpflegen bis hin zu gemeinschaftlichen Feiern und einer gruppenstiftenden Hymne. Dass diese Regeln in alle Bereiche des Lebens vordringen, erlebt schon die elfjährige Kyoko in der Schule, wo die Schüler nach den „Zehn Regeln der Klasse 5b“ (S. 48) leben sollen. Nummer 3. etwa lautet „Beim Schulessen wollen wir nichts zurückgehen lassen“, Nr. 8 „Wir wollen zusammenstehen“, Nr. 10 „Wir alle sind eins“. Da die Lektüre dem Bericht des Mädchens Kyoko folgt, enthüllt sich nur Zeile für Zeile, wie tief Umizukas Regeln in alle Winkel des Privaten vordringen. Denn Kyoko versteht nicht alles, was um sie geschieht, aber sie denkt viel nach und reibt sich stark mit den strengen, scheinbar antisozialen Regeln ihrer Mutter, die sich vor den Nachbarn versteckt und immer weniger mit Kyoko versteht. Die erkennt schließlich: „Wie soll man auch verstehen können, was andere dachten, wenn man oft genug nicht einmal verstand, was im eigenen Kopf vorging.“ (S. 104)

Es geht aber noch sehr viel mehr vor in diesem Ort Umizuka, den offenbar vor einigen Jahren eine schlimme Katastrophe heimgesucht hat, deretwegen alle Bewohner erst fort- und später wieder hergezogen sind. Dieser Umzug hat offenbar mit der Einführung strenger Regeln zu tun und mit einigen Merkwürdigkeiten, die Kyoko nicht in Frage stellt, die aber beim Lesen so gar nicht alltäglich wirken: Sieben Schüler sterben innerhalb eines Schuljahrs, doch Kyoko argwöhnt nichts, während am Ende jedes Absatzes Alarmglocken schrillen.

Es ist eine Stärke des Buchs, das es nicht versucht, den naiven Tonfall einer Elfjährigen zu imitieren, denn Kyoko erzählt mit fast zwanzig Jahren Abstand in der Sprache der Erwachsenen. Aber sie referiert ihren damaligen Wissensstand glaubwürdig und umso überzeugender. Es ist eine weitere Stärke dieses Romans, wie er den Blick des Lesers auf die Mutter Seite für Seite wandelt. Der innere Totalitarismus wird durch den äußeren abgelöst und öffnet den Blick auf eine Gesellschaft, die sich dem nichtalltäglichen Alltag nach einer Katastrophe unterwirft. Da der Roman im Angesicht der Fukushima-Katastrophe geschrieben wurde, denkt man unwillkürlich an radioaktive Verseuchung - aber hierzu gibt es allenfalls Andeutungen. Wohl aber wird deutlich, wie wichtig der Verlust des Hinterfragens, die Eindämmung des individuellen Willens und die Einschränkung einer wissensbasierten Fähigkeit zur Kritik für eine etwaige Regierung ist, die einfach weitermacht. Umizuka war nicht schön und ist nun erst recht nicht schöner, egal was die Hymnen künden!

Ein strahlkräftiger Roman mit langer Halbwertzeit.

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AnjaScs avatar

Rezension zu "Kein schönerer Ort" von Manichi Yoshimura

Umizuka, Umizuka, Umizuka!
AnjaScvor 6 Jahren

Auf der Rückseite des Buches ist nur ein kleiner Absatz abgebildet:

„Nicht die Katastrophe ist das Problem. Sondern das Danach.“  Osamu Yoshino

Und damit möchte ich es auch bei der Inhaltsbeschreibung belassen. Der Klappentext auf der Innenseite ist sehr ausführlich und meiner Meinung verrät er fast zu viel.

Meine Meinung:

Das Buch beginnt völlig unspektakulär:

Das Haus hatte einen kleinen Garten, In dem Garten wuchsen viele mir völlig unbekannte Pflanzen.

Zitat 1. Seite der Geschichte

Kyoko, eine zu dem Zeitpunkt 11jährige Schülerin, erzählt uns von den Dingen, die sie in ihrer Heimatstadt Umizuka erlebt hat. Als Leser stolpern wir von einem Erlebnis zum Nächsten und können zuerst gar nicht einordnen was überhaupt vor sich geht.

  • Warum malt das Mädchen ein Bild von ihrer Freundin, auf dem diese wie ein Monster aussieht?
  • Warum scheint die Mutter unter einem Reinigungszwang zu leiden?
  • Warum wird nur Fertigessen, bzw. Abgepacktes gegessen,  obwohl doch angeblich alles so gesund ist was in Umizuka angebaut oder aus dem Meer gefischt wird?

Während wir weiter in der Geschichte voranschreiten erleben wir merkwürdige Dinge. Ein Lehrer verschwindet plötzlich, Kinder sterben scheinbar grundlos oder werden schwer krank, aber niemand hinterfragt diese Dinge...

Kyoko wird von ihrer Mutter geschlagen, weil sie ein Baby anstarrt - aber warum? Die Frage, die mir sofort kam: Was ist daran so schlimm?

Keine dieser Fragen wird uns direkt beantwortet, es gibt keine Lösung auf dem Silberteller präsentiert für uns als Leser, sondern wir müssen uns diese erarbeiten.

Als Leser hat man die ganze Zeit ein merkwürdiges Gefühl beim Lesen, denn es ist absolut klar, dass etwas schlimmes passiert sein muss und jetzt alles totgeschwiegen wird.

Zwischen den Zeilen zu lesen ist absolut unerlässlich, denn da findet man einen Teil der Wahrheit und kann damit 1 + 1 zusammenzählen. Die Fassade bröckelt und man kann dahinter sehen, auch wenn ich mich gefragt habe, ob ich das überhaupt will bzw. wollte.

Das Buch ist tatsächlich gleich in verschiedener Hinsicht etwas besonderes und hinterlässt noch nach dem Zuklappen einen faden Beigeschmack. Es geht nicht nur um das Unglück, das in Japan natürlich sofort an Fukushima denken lässt, sondern auch an völlig fehlgeleitetem Idealismus, ein falsches Gemeinschaftsgefühl, Unterdrückung und Schweigen zu Dingen, die nicht sein dürfen.

Was mich persönlich gestört hat, war die zu gewollte Andersartigkeit von Kyoko, Ihr zum Teil sehr schräges Verhalten, obwohl sie wusste, dass es sowohl für sie als auch ihre Mutter gefährlich ist. Ein Mädchen, das mich stellenweise  doch genervt hat mit ihrer Art.
Auch wenn eigentlich klar ist was in Umizuka passiert, hätte ich mir an einigen Stellen doch einige Erklärungen gewünscht, allerdings kann bei unter 200 Seiten natürlich auch nicht zu viel erwarten.

Ein düsterer Roman voller Geheimnisse, die entdeckt und entschlüsselt werden wollen.


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