Cover des Buches Nur ich bin normal (ISBN: 9781540388001)
Rezension zu Nur ich bin normal von Manuel Wagner

Zu skurril für meinen Geschmack

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Ab und an ganz unterhaltsam aber insgesamt zu wirr und skurril für meinen Geschmack. - 2 Sterne

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 7 Jahren
Klappentext:

Bei der Geburt fängt der Wahnsinn an: Seiner wohligen Einsamkeit entrissen, sieht sich der neue Mensch zahllosen Artgenossen ausgeliefert. Andere Menschen sind überall, und sie nerven. Dabei verhalten sie sich so berechenbar wie ein Kernkraftwerk, das zwischen zwei tektonischen Platten, von den Typen errichtet wurde, die uns Tschernobyl eingebrockt haben. So sieht es die Hauptfigur dieser Geschichte. Kein Wunder, dass sie uns aus ihrer Perspektive jede Menge skurrile Anekdoten zu erzählen hat. Der Malzwang im Kindergarten, die absurden Verhaltensweisen der Mitschüler auf der Klassenfahrt, die seltsamen Geschehnisse während einer Studentenparty und anderer Irrsinn lassen nicht nur das Ich in der Geschichte an der psychischen Gesundheit der Mehrheit zweifeln. Wie aber soll das Ich mit den Anderen umgehen? Warum fühlt es sich plötzlich doch zu jemandem hingezogen? [Quelle: Amazon.de]

Meine Meinung:

Vorab vielen lieben Dank an Manuel Wagner, dass er mir das Buch im Rahmen einer Leserunde zur Verfügung gestellt hat!

"In einem beispiellosen Gewaltakt quetscht man mich aus meiner warmen Höhle. Ich werde meiner Ländereien beraubt. Ich werde vertrieben. Um mich herum ist es plötzlich kalt und unbehaglich. Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, dass ich vor Kälte zittere, sind da auch noch Wesen, die so wie ich zu sein scheinen, nur viel größer." [S. 8]

Mit dem Buch habe ich mich leider ziemlich schwergetan.
In der ersten Hälfte begleitet der Leser den Ich-Erzähler, der an sozialer Phobie leidet, auf seinem Weg von der Geburt bis zur Uni. Dank der vielen lustigen und schwarzhumorigen Passagen fand ich das noch einigermaßen unterhaltsam; da ich mich in gewissen Situationen ab und an selbst wiedererkannt habe.
Dass der Autor sich hierbei einiger Bezeichnungen und Ausdrücke bedient hat, die im täglichen Sprachgebrauch nicht unbedingt Anwendung finden, hat mich nur bedingt gestört, da sie in einer angenehmen, nicht übertriebenen Regelmäßigkeit zum Einsatz kommen. Auch wenn ich nicht jeden Begriff einordnen konnte, so habe ich mich schnell an diese Art des Erzählens gewöhnt, weil es für mich Sinn macht, dass ein soziophober Mensch instinktiv versucht, sich von seinen Mitmenschen abzugrenzen. Ich könnte mir auch gut vorstellen, dass einem diese Art der Sprache als so eine Art Schutzschild dient und Sicherheit gibt.
Dem groben Geschehen konnte ich, dank typischer Fixpunkte wie Geburt, Kindergarten, Schule etc., auch sehr gut folgen. Dass der Protagonist als Säugling schon die Intelligenz eines erwachsenen Menschen besitzt, hat mich einige Male laut auflachen lassen. Die Vorstellung alleine...

"Es ist sehr einfach über Menschen zu schreiben, die mich nerven und die Geschichten mit einigen Überspitzungen bzw. Übertreibungen auszustatten, aber reicht das?" [S. 73]


Ab der zweiten Hälfte des Buches hatte ich das Gefühl ein völlig anderes Buch in der Hand zu halten, denn hier wurden scheinbar wahllos Situationen aneinandergereiht, deren einziger Zweck es zu sein scheint, sich an Skurrilität zu übertreffen.
Die gehobene Sprache trifft auf sprachliche Misstöne, vieles wird wiederholt bzw. es wird wenig Neues erzählt und zusätzlich muss man als Leser auch noch versuchen, aus rätselhaften Andeutungen und merkwürdigen Begrifflichkeiten schlau zu werden. Auch von der feinen Emotionalität, die während der ersten Hälfte des Buches ab und an zwischen den Zeilen mitschwang, war nichts mehr zu spüren und die interessante Thematik ging völlig unter. Vieles war so überspitzt dargestellt, dass die in meinen Augen nötige Ernsthaftigkeit verloren ging. Es mag sein, dass hinter vielem, von dem hier erzählt wird, eine Menge Frust steckt, den der Autor auf seine Art zu verarbeiten versucht, allerdings konnte ich die Gründe dahinter nicht erkennen. Menschen können anstrengend sein schon klar, aber was macht den Unterschied zwischen einem soziophoben Menschen und einem nicht soziophoben Menschen aus? Sind soziophobe Menschen genervter als nicht soziophobe. Ich glaube eher nicht.. Und ist dieses "Genervtsein" nicht auch blos ein weiteres Mittel um sich von seinen Mitmenschen zu distanzieren? Wer weiß, vielleicht habe ich das Buch auch einfach nicht verstanden.
Sehr schade jedenfalls, dass die Erzählweise der ersten Hälfte nicht beibehalten und alles dermaßen in „Schall und Rauch“ gehüllt wurde, denn so wirft das Buch mehr Fragen auf als Antworten zu liefern. Da das Buch autobiografische Züge hat, weiß der Autor zwar wie was passiert ist - aber ich als Leser möchte das auch ganz gerne.
Kennen tue ich das allerdings nur zu gut. Bei Gedichten zum Beispiel, die ich nur für mich selbst schreibe, wissen außer mir auch nur die Leute, die dabei gewesen sind, was ich sagen will und kennen somit die tiefe der Bedeutung hinter dem was ich schreibe. Als ich einige meiner Gedichte mal „der breiten Masse“ vorgelegt habe, haben mich die Fragezeichen in den Gesichtern der Leute fast angesprungen. Genauso ist es mir mit diesem Buch ergangen, nur dass diesmal ich diejenige war, der die Fragezeichen aus dem Gesicht gesprungen sind. Aber wer weiß, vielleicht liest der ein oder andere ja gerade meine Rezension und fragt sich was zum Teufel diese Frau da eigentlich meint...

Bewertung:


2/5 Sternen
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