Cover des Buches Das Gesetz der Vampire (ISBN: 9783940036070)
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Rezension zu Das Gesetz der Vampire von Mara Laue

Viele wertvolle Ideen, weniger elegant umgesetzt

von Wedma vor 9 Jahren

Kurzmeinung: Vampirenroman der besonderen Art mit vielen schönen wertvollen Ideen und Zügen von Gesellschaftskritik für Fans und FantasyliebhaberInnen.

Rezension

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Wedmavor 9 Jahren

Es ist eine in den USA spielende Geschichte um einen ehemaligen Polizisten Ashton Ryder, der in einer Firma, die sich auf das Vernichten von Vampiren spezialisiert hat, als Jäger tätig ist. Am Anfang der Story ist er ein junger Mann um die dreißig, dessen Handeln von Rache getrieben ist, die auf der Annahme stützt, dass Vampire die Wesen wären, die es zu töten gilt, ohne wenn und aber. Nach zehn Jahren gelingt es ihm einen hochrangigen Vampir zu töten, der, wie Ashton glaubt, für den Tod seiner geliebten Frau verantwortlich war. Kurz darauf erfährt er die Rache einer Frau, die ihren Geliebten verloren hat, auf seiner eigenen Haut: Er wird von ihr, ohne sein Wissen und Wollen, in einen Vampiren verwandelt und wird zu dem, was er am meisten hasst, zu einem Wesen, das sich vom Blut ernährt und nachts aktiv sein muss, da das Sonnenlicht für ihn tödlich ist.

Die Geschichte greift die Motive einer Heldenreise nach J. Campbell/J. Frey auf, i.e. der Held wird von Geschehnissen in seiner Umwelt gezwungen, sich auf die Reise zu begeben, lernt neue Regeln kennen, erlebt Abenteuer und gewinnt etwas Wertvolles, das am Ende zum Wohl seiner Gemeinschaft eingesetzt wird.

Ashton muss sich mit seinem neuen Leben abfinden, und, nun von den Schuldgefühlen getrieben, lernt das Leben der Vampire und ihre Werte kennen. Was dabei herauskommt, erstaunt ihn und lässt noch mehr Schuldgefühle aufkommen. Er erfährt einiges über Gattung Vampire im Allgemeinen, über ihre jahrhundertelange Geschichte, ihre Gesetze und, dass es die Verbrecher sowie die Guten darunter gibt. Vampire sind demnach eine Art Überwesen, deren Wahrnehmung um etliches schärfer, die Reaktion schneller und die Kraft stärker ist, als die der Menschen, auch ihre moralischen Werte sind die der Menschen wohl überlegen. Es stellt sich dabei auch heraus, dass er sich beim Jagen der Vampire von falschen Annahmen leiten ließ und entsprechend vieles falsch einschätzte, was zu Ergebnissen führte, die sich nicht mehr rückgängig machen ließen. Um diesem Fehlverhalten ein Ende zu setzen, sorgt Ashton für eine adäquatere Wahrnehmung der Vampire zunächst von seinen ehemaligen Kollegen, dann auch von der Führung der Firma an der obersten Stelle und gewinnt nicht nur seine Stelle als Jäger zurück und kann seiner Lieblingsbeschäftigung weiter nachgehen, sondern findet im Laufe der Reise zu sich selbst, zu einer neuen Liebe und einer liebevollen Familie wie auch zu der Gemeinschaft, in der er sich als wertvoller Teil des Ganzen fühlt.

Themen wie Freundschaft, Liebe, Treue, Vertrauen, Loyalität, Umgang mit Andersartigkeit, Toleranz, Wertschätzung, Rache, Hass aus Unwissen, Verzeihenkönnen u.v.m. werden eingehend im Lauf der Geschichte behandelt. Die Gesellschaftskritik in den Bereichen des menschlichen (vs. vampirischen) Miteinanders, der modernen Arbeitswelt, liest sich recht deutlich heraus und ergänzt ganz gut den Gedankenreichtum der Story.

Es gibt viele schöne, unverbrauchte, sowie moralisch wertvolle Ideen, etwas von Esoterik, e.g. „Magische Kräfte sind so unterschiedlich wie Sprachen“, was bei einer Vampirengeschichte auch prima passt.

Einige Figuren waren sehr gut gelungen, etwa die der Dämonin Sam, mit der viele schöne Ideen ans Licht kommen, oder von den älteren, jahrhundertealten Vampiren mit ihren Vorgeschichten und ihrer Weltanschauung. Einige Zitate hier: Die Szene spielt zwischen dem ältesten Vampir, der will, dass der Platz seines ermordeten Sohnes von Ashton angenommen wird und Ashton selbst. Dieser verlangt nach einer Erklärung, weshalb es dem Alten so erstrebenswert erscheint, ihn als einen „Ersatz-Sohn“ zu haben. Der Alte sagt dazu: „Aber ich bin ein Vater, der das Bedürfnis hat, ab und zu seinem Sohn seine väterliche Liebe zu schenken.“ Es gibt keinen anderen Grund, nur diesen.

Oder das hier: Der Alte versucht Ashtons Chef von der Vertrauenswürdigkeit der Vampire zu überzeugen und antwortet auf dessen Unterstellung, dass diese ihre Hypnosefähigkeiten eingesetzt hätten, um ihre Ziele zu erreichen, folgendes:„Aber was für Wesen wären wir, wenn wir den freien Willen anderer derart manipulierten.“ Der freie Wille als ein hohes Gut.

Männerfreundschaft wird im Spannungsfeld Ashton vs. sein bester Freund und Kollege Harry thematisiert. Ashton wünscht, dass Harry eine andere Sichtweise auf die Vampire entwickelt, dieser sagt aber: „Die Indoktrination, dass alle Vampire verschlagene Menschenfresser sind, egal wer sie früher mal waren, sitzt einfach zu tief.“

Etwas zu Gesellschaftskritik: Auf die Erkenntnis Ashtons, dass die Jäger gar nichts über Vampire wüssten und sie trotzdem zu jagen und zu töten begehren würden, gibt es als Antwort: „Feindpropaganda“. Das klingt sehr up-to-date. Wenn man heute in die Nachrichten mal reinschaut…

Zum großen Teil erachte ich die Geschichte als gut gelungen, etwa im Verhältnis 80/20. Die Dinge, die auf die Frage „was?“ eine Antwort liefern gefallen mir sehr gut: z.B. die Idee, einige Figuren, vor allem die der Vampire, die Richtung ihrer Entwicklung, etc.

Punkte, die mein das Lesevergnügen beeinträchtigt haben, lassen sich folgendermaßen beschreiben:

Einige Figuren kamen mir klischeehaft daher, z.B. der bis zum Schluss uneinsichtige Chef der Firma, Ashtons Kollegen als Werkzeuge in den Händen anderer. Selbst Harry, der doch noch die Wandlung schafft, wird hauptsächlich über die Schiene Vampirhass, vs. Verständnis dargeboten. Mit der Hauptfigur konnte ich leider nicht mitfiebern. Nach meinen Begriffen wurde Ashton deutlich überzeichnet und wenig glaubhaft dargestellt: Erst ist er von blinder Rache geleitet, später, nach der Aufklärung von unbändigen Schuldgefühlen, die ihn mit erschlagender Regelmäßigkeit heimsuchen. Ich fühlte mich vom Anfang an nicht mitgenommen, das blieb auch leider bis zum Schluss. So etwas wie Spannung kam bei mir ebenfalls nicht auf.

Der üppige Stil der Heftromane, u.a. ein etwas zu freizügiger Umgang mit Adjektiven und Adverbien, Wortwiederholungen (manchmal in einem Satz), auch die „Lieblingsfloskeln“ a lá „nickte nachdrücklich“ in der Kombination mit „schüttelte nachdrücklich den Kopf“.

Die Art der Stoffdarbietung, i.e.:

Wiederholungen, der recht häufige Perspektivwechsel, z.B. Ein und dasselbe Ereignis wird aus der Sicht verschiedener Figuren dargelegt und bis ins Detail besprochen.

Die Erklärungen der Motive der Figuren, insbesondere des Schuldmotives der Hauptfigur, länger geratene Belehrungen/Berichte der Vorgeschichte, etc., sonst auch als Infodump bekannt, z.B. über die Sitten und Bräuche der Vampire an mehreren Stellen, sorgten dafür, dass ich das Buch des Öfteren weglegen und erst meinen Weg zurück zum Buch suchen musste.

Ich hatte den Eindruck, dass es gar nicht recht gewollt war, dass der Leser sich eigene Gedanken über die Figuren und das Geschehen macht, als ob ihm nicht zugetraut wird, dass er seine eigene Meinung bilden und selbständig schlussfolgern kann: Es wird recht oft erklärt, auch an den Stellen, bei denen es aus dem Kontext schon deutlich folgt, wie die Figur sich dabei gefühlt oder gedacht haben muss. Im Leseprozess ist man hauptsächlich damit beschäftigt, sich durch die üppigen Mengen an Fertigbrei durchzuarbeiten.

Die Machart des E-Books insgesamt: In meiner Kopie fehlte ein Inhaltsverzeichnis, was ich für inakzeptabel halte. Die Länge/Anzahl der Kapitel hätte anders sein können. Kürzere Kapitel hätte ich begrüßt.

Da die o.g. Dinge eher unter den Bereich fallen, auf den vermutlich ein großer Teil der potentiellen Leserschaft evtl. keinen Wert legt, kann ich mir vorstellen, dass die Fans der Vampirenthematik einen großen Gefallen an dem Buch finden würden, sowie diejenigen, die einfach eine Fantasygeschichte einer besonderen Art lesen wollen.

Für mich gleicht „Das Gesetz der Vampire“ einem nicht fertig geschliffenen Diamanten: Viele tolle, wertvolle Ideen, weniger elegant umgesetzt.

Der Gesamteindruck, in Sternen ausgedrückt, schwankte zwischen 2 und 3. Ich runde aufgrund der guten, wertvollen Ideen auf 3 auf.

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