Dass der Autor mit mir verwandt ist, geb ich besser gleich mal am Anfang zu und Lesern, die nun meinen, ich sei befangen, habe ich nichts zu entgegnen. Trotzdem will ich beurteilen und wer will mir das verübeln?
Aber vielleicht gerade wegen meiner Befangenheit tu ich mich in meinem Urteil etwas schwer. Was in „Meine Deine Nachbarschaft“ wirklich heraussticht, ist die Art und Weise, wie es geschrieben wurde. Der Autor nennt es „Cinematografie“ und der Leser fühlt sich zunächst an die klassischen Stücke aus dem Schulunterricht erinnert. Doch es ist weder ein zwischen zwei Buchdeckel geklemmtes Drehbuch, denn dafür sind die eingestreuten Regie- und Kameraanweisungen zu wenig, noch eben eine Neuauflage eines klassischen Theaterstückes. Vielmehr ist es eine Form, der es gelingt im Leserkopf das entstehen zu lassen, was viel zu oft „Kopfkino“ genannt wird, aber hier tatsächlich zutrifft. Verglichen mit „normaler“ Belletristik hat man so deutlich mehr das Gefühl, einen Film zu erleben, was in seiner Wirkung tatsächlich beeindruckend ist.
Inhaltlich beschreibt der Autor große soziale Probleme am kleinen Beispiel seiner Heimatstadt. Hier hat mir an mancher Stelle noch ein wenig Tiefgang gefehlt, dafür war mir so mancher Stereotyp zu viel, aber für ein Erstlingswerk ist „Meine Deine Nachbarschaft“ schon aller Ehren Wert und die Stadt Meißen kann stolz darauf sein, auf diese Art auf die kleinen und großen Sorgen hinter ihren Türen und Fenstern hingewiesen zu werden.