Rezension zu "Der wunderbare Friseur" von Marcel Aymé
Ein Familientreffen bei den Lasquins. Man unterhält sich. Man isst. Man merkt nicht, dass es dem Famlienoberhaupt schlecht geht. Und dann ist er tot. Gestorben beim Essen. Seine Witwe will gar nicht so recht trauern. Sie berauscht sich an den Beileidsschreiben. Als sie dann noch heraus bekommt, dass ihr Mann sie jahrelang betrogen hat, atmet sie auf. Endlich, ja endlich kann sie bei ihren Freundinnen und Bekannten mitreden! Die Affaire ist kein Skandal, denn endlich gehört sie wirklich dazu. Tochter Micheline ist gerade mal zwei Monate verheiratet, als sie schon wieder an Scheidung denkt. Bernhard, der beste Freund ihres Mannes, gefällt ihr auf einmal besser. Doch bevor der sich schlüssig ist, ob er soll oder nicht, wendet sich Micheline dem Boxer und Neu-Schriftsteller Milou zu. Michelines Mann Pierre wagt in der Firma seines verstorbenen Schwiegervaters nicht so recht Entscheidungen zu treffen. Es geht bergab. Anstatt sich um die Belange der Firma zu kümmern, träumt er lieber von seiner entgangenen Karriere als Leichtathlet. Immer wieder macht er Pläne, wie er wieder fit werden könnte. Die Welt steht Kopf. Der zweite Weltkrieg steht kurz vor dem Ausbruch. Es kommt zu Unruhen. Die Arbeiter streiken, doch die Oberschicht kümmert sich nicht darum. Sie haben andere Probleme. Probleme der Oberschicht. Luxusprobleme. Und zum Schluss des Buches kommt auch endlich der Friseur ins Spiel. Ein Friseur, der alles weiss. Ein Friseur, der überall seine Hände im Spiel hat. Ein Friseur, der Politik macht, der hilft, der hier und da seine Beziehungen spielen lässt und so zu einem unentbehrlichen Partner der Protagonisten wird. "Der wunderbare Friseur" ist ein aussergewöhnlicher Roman. Ein Roman, der aus der Masse heraussticht. Der Roman ist angesiedelt zu Zeiten kurz vor dem Zweiten Weltkrieg, doch das Thema ist auch heute noch aktuell. Der Roman könnte in jeder beliebigen Zeit, an jedem beliebigen Ort angesiedelt sein. Eine Kurzbeschreibung? Ungewöhnlich, aussergewöhnlich, aktuell. "Der wunderbare Friseur" - eine kleine Besonderheit.