Scheiße.
Immer wieder und wieder schoss mir beim Lesen dieser Gedanke durch den Kopf. Der Titel sagt, dass die Kinder, von denen in diesem Buch erzählt wird, überlebt haben und doch will ich nicht sagen: „Sie hatten Glück.“ Ich denke Glück hatte keine Seite im zweiten Weltkrieg und ich denke daher, dass es auch in der Verantwortung heutiger Generationen liegt, dass es nicht noch einmal soweit kommt (selbst wenn ich die Befürchtung habe, dass es sich nicht verhindern lassen wird).
Der Name des Buches verrät schon, worum es geht: Jüdische Kinder die in den Wirren und Vorläufern des zweiten Weltkrieges untergetaucht sind. Was auf dem ersten Blick für mich nicht ersichtlich war, hier geht es um holländische Kinder (dies nur am Rande), was mich hin und wieder bei den Städtenamen ein wenig verwirrt hat, was allerdings nichts an den Hintergründen der Geschichten ändert. Die Autoren haben die Überlebenden selbst zu Wort kommen lassen, ihre Geschichte erzählen lassen. Da die holländischen Juden, so scheint es mir, immer wieder an einem Ort versammelt wurden, kehrt irgendwann, zumindest was einige Orte angeht, ein gewisser Wiedererkennungseffekt ein. Die Kinder, auch wenn sie längst erwachsen sind, erzählen wie sie untergetaucht sind und bei wem. Bei fast allen war Geld im Spiel, bei einigen sicherlich auch das Unverständnis, was dort geschah und einige wurden schlichtweg verraten. Eine Geschichte nimmt sogar kurz Bezug auf Anne Frank, die am Rande bei einem Sammeltransport erwähnt wird.
Ich gebe zu, ich bin hin und wieder recht nah am Wasser gebaut, weswegen ich mich nicht nur fragen musste, wozu Menschen fähig sind (auch wenn ich die Antwort eigentlich nicht wissen will), sondern auch die eine, oder andere Träne vergossen habe. Wie gesagt, ich will nicht sagen, dass diese Kinder Glück hatten, sie haben das Grauen erlebt, überlebt und bei manchen gab es hinterher schlichtweg kaum jemanden, zu dem sie zurück kehren konnten. Ganze Generationen sind ausgelöscht worden, weil man einen Schuldigen brauchte. Keine Weltreligion kann sich frei von der Schuld sprechen, keine andere Religion verfolgt zu haben (Die Geschichte hat dies mehr als einmal gezeigt und zeigt es heute noch), dennoch gibt es Orte auf der Welt, wo die einzelnen Religionen es schaffen nebeneinander zu leben, zu agieren, etwas was mir Hoffnung auf eine Zukunft macht, wo es friedlich sein könnte. Ich denke noch heute, das wir aus der Geschichte lernen sollten, auch wenn wir nicht Schuld sind an dem, was damals geschehen ist. Menschen machen Fehler, sie irren sich, das ist menschlich, wir sind immerhin keine Roboter und doch gab es auch damals Menschen, die menschlich geblieben sind. Deswegen haben diese Kinder überlebt und können ihre Geschichte erzählen, vielleicht als Erinnerung und Warnung an die nächsten Generationen.
Im Buch selbst werden weiterführende Links im Netz erwähnt, ich muss allerdings zugeben, dass ich nicht darauf geschaut habe :) Der Autor erwähnt in der Beschreibung allerdings Karten und kurze Videos zu den Menschen, von denen das Buch handelt, und davon, wie sie heute Leben. Ich kann allerdings nicht sagen, ob die Webseite noch online ist, oder nicht. Das Buch jedoch kann ich jedem empfehlen, der sich mit dem Thema beschäftigt. Die Geschichten sind deutlich kürzer gehalten, als das Tagebuch der Anne Frank, und sind eher als kurze Zusammenfassung des Untertauchens zu verstehen, die auch nur an der Oberfläche kratzen, anders wäre es jedoch sicherlich nicht zu meistern, vor allem wenn man bedenkt, das einige Kinder über 20 Untertauchadressen im Laufe des Krieges hatten, immer mit der Angst entdeckt, oder verraten zu werden.
Aber sie haben überlebt. Das sind ihre Geschichten...