„Eine Liebe von Swann“
ist der Mittelteil des ersten, 1913 erschienenen Bandes von insgesamt sieben Bänden des epischen Mammutwerkes „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ des französischen Autors Marcel Proust und spielt in der gehobenen Gesellschaft im Paris des ausgehenden 19. Jahrhunderts.
Im Mittelpunkt steht der erbreiche und gebildete Müßiggänger Swann, der "..in oberflächlichen Vergnügungen die Gaben seines Geistes verschwendet."
Sein Verhältnis zu den Frauen beschreibt Proust mit der folgenden seiner großartigen Metaphern: „Er baute nicht Hütten in dem, was er sich in Beziehungen geschaffen hatte, sondern schlug…überall da, wo eine Frau ihm gefiel eines jener leicht abzumontierenden Zelte auf…“
Nachdem Swann in punkto Frauen die Weide des französischen Adels abgegrast hatte, wendet er sich nun den Damen niedrigerer Schichten zu und lernt die Halbweltdame Odette de Crécy kennen, die es in höhere Kreise geschafft hat. Obwohl er an ihrem Äußeren einiges Auszusetzen hat, beginnt er ein Verhältnis und verliebt sich allmählich in sie bis seine Liebe „inoperabel“ geworden ist und es beginnt ein amouröses Katz- und Maus-Spiel zwischen beiden.
„Was Proust hier bietet, ist die subtilste, die genaueste Beschreibung und Analyse der Liebe, welche wir aus der neueren Literatur kennen. So genau und erschöpfend, daß man sich mit Recht gefragt hat, ob der Literatur nach Proust in dieser Hinsicht überhaupt noch etwas zu tun übrigbleibt.« (Rudolf Hartung)
Wenn Thomas Mann, die Menschen mit ihren Gefühlen, ihrem Wesen und Verhalten mit der Lupe beobachtet, dann legt Marcel Proust diese unter das Elektronenmikroskop. Wie ein Präparator zerlegt Proust die Gefühle, Motive und soziale Strukturen und Interaktionen in ihre kleinsten Bestandteile und untersucht diese aufs Genaueste und läßt es dabei nicht an äußerst unterhaltsamer Ironie fehlen.
In wahren Satzlabyrinthen in grandioser präzisier Sprache und mit laufender Aneinanderreihung von Metaphern und Vergleichen dringt er ins innerste Wollen und Sein der Figuren vor.
Sie lieben Action und normal lange Sätze ? Thomas Mann war Ihnen zu langatmig und detailverliebt ? Dann lassen sie die tunlichst die Finger von Proust, denn sonst werden sie sich am Ende des Buches selbst auf die Suche nach Ihrer verlorenen Zeit machen müssen.
Wenn aber die Liebe zur Sprache und zum Philosophieren und Psychologisieren, sowie eine Vorliebe für nicht enden wollende Sätze Ihr Himmelreich sind, dann werden Sie dieses mit Proust betreten, denn dort ist er Gott.
Mich hat das nachlässige Wesen von Proust's Odette an Clawdia Chauchat in Thomas Mann’s Zauberberg erinnert. Ob sich hier Mann von Proust „inspirieren“ ließ, ist nicht bekannt.
Ich kann nicht anders, als 5 Sterne vergeben. 5 für Sprache, Philosophie und Psychologie.