Ich habe Die Hüter der Siegel mit großen Erwartungen begonnen – und wurde in eine komplexe, vielschichtige Welt voller Magie, Legenden und geheimnisvoller Wesen hineingezogen. Von Anfang an spürt man, wie viel Herzblut und Fantasie in dieser Geschichte steckt. Die Welt ist reich an Details, bevölkert von Faunen, Zwergen, Engeln und Menschen, und berührt immer wieder auch tiefgründige Themen wie Herkunft, Verantwortung und Identität.
Besonders spannend und nachhaltig beeindruckend war für mich die Szene, in der Gondar von seinem Erlebnis der neun Tage und neun Nächte erzählte. Seine Sicht auf die Welt, auf Entstehung und Entwicklung, lag weit außerhalb meiner Vorstellungskraft – gerade das fand ich faszinierend. Diese Szene hat einen ganz besonderen Eindruck bei mir hinterlassen.
Auch das Zusammenspiel der Gefährten hat mir gut gefallen – ihre Dynamik, ihr Zusammenhalt und die Art, wie sie miteinander agieren. Besonders ins Herz geschlossen habe ich Mokel mit seinen sarkastischen Sprüchen (definitiv einer meiner Favoriten!) und Pax. Beide Figuren haben so viel Tiefe, dass ich mir sogar noch mehr über ihre Hintergründe gewünscht hätte. Auch Gondar, mit seiner einzigartigen Art zu erzählen, hat mich sehr beeindruckt – ich hätte gern noch länger in seiner Nähe verweilt.
Ein Zitat, das mir besonders im Gedächtnis geblieben ist, stammt ebenfalls von Mokel:
„Ihr fühlt euch zur Sonne hingezogen, obgleich ihre Strahlen euren Leib verbrennt und euch blendet. Ihr fürchtet den Mond und die Nacht, obwohl ihr unter ihm wandeln könnt, ohne Schaden zu erleiden, und auf ihn blicken könnt, ohne dass euch seine Strahlen in den Augen brennen.“ (Seite 224)
Die Geschichte springt teils recht schnell von einer Szene zur nächsten, und es gibt viele Perspektivwechsel. Für mich hätte das Buch an einigen Stellen gern etwas mehr Raum einnehmen dürfen – um tiefer in bestimmte Themen oder Figuren einzutauchen. Manche Ansätze waren so spannend, dass ich sie gern ausführlicher erlebt hätte.
Tristram hätte ich mir im späteren Verlauf noch präsenter gewünscht – da gab es so viele starke Ansätze, die nicht weitergeführt wurden. Jetzt stehe ich einfach hier mit all den offenen Fragen… aber genau das macht mir auch richtig Lust auf einen weiteren Band. Vielleicht erfahren wir ja noch mehr?
Das Finale war spannend und auf seine Art episch, wenn auch dicht erzählt. Der Krieg, die Enthüllung rund um Samael Magnus und all die Geschehnisse waren sehr spannend zu verfolgen – da konnte ich richtig gut mitfiebern. Wobei ich das Ende so nicht erwartet hätte, denn es fühlt sich für mich noch offen an. Ich bin sehr gespannt, ob wir mit einem zweiten Band beglückt werden, denn es bleiben doch einige Fragen unbeantwortet.
Ob es eine Fortsetzung geben wird, weiß ich aktuell nicht – aber wenn ja, würde ich sie auf jeden Fall lesen. Die Welt von Die Hüter der Siegel hat noch so viele verborgene Winkel und Geschichten, die erzählt werden könnten.
Insgesamt ist dieses Buch eine beeindruckende Mischung aus High Fantasy, religiös-philosophischen Ansätzen und spannender Abenteuergeschichte – mit Ecken, Kanten, Tiefe und viel Potenzial zum Nachdenken.