Die amerikanische Politik der letzten beiden Jahrzehnte, so lautet die Quintessenz des neuen Buches der amerikanischen Wissenschaftlerin und Publizistin Marcia Pally, wäre ohne die sogenannten „Neuen Evangelikalen“ nicht denkbar. Wie schon in ihren letzten Büchern und in zahlreichen Artikeln in vielen deutschen Tages- und Wochenzeitungen schafft sie es auch mit dieser fundierten und materialreichen Untersuchung, unser immer wieder von Vorurteilen und Unkenntnis geprägtes Verständnis von den Vorgängen in den USA, den dortigen innenpolitischen Strukturen und den gesellschaftlichen Umbrüchen zu schärfen und zu aktualisieren.
Während in Europa, so zeigt Pally überzeugend, es seit langem eine weit verbreitete Ansicht ist, dass Religion eine demokratische Ordnung bedrohen kann und man deshalb penibel auf die Trennung von Staat und Kirche achtet und wohl auch zu Recht den Islam beäugt, kann man in den USA beobachten wie, alle gängigen Säkularisierungstheorien außer Kraft setzend, Religionen ein demokratisches und liberales Gemeinwesen unterstützen, es stabilisieren und es in seiner Entwicklung sogar voranbringen können.
Die Neuen Evangelikalen, von denen etwa der Theologen Jim Wallis in Deutschland schon lange bekannt ist, und die scharf unterschieden werden müssen von den religiös aufgeladenen Ideologien etwa der Tea Party Bewegung, sind dafür ein gutes Beispiel. In unzähligen Interviews, durch die Lektüre zahlreicher Bücher und die Beobachtung entsprechender Blogs hat sich Marcia Pally ein differenziertes Bild gemacht von einer großen Gruppe von Menschen, die sowohl bei den Demokraten als auch bei den Republikanern über wichtigen Einfluss verfügen und immer wieder ihre Werte und ihren Glauben einbringe in die Gesellschaft und die Politik.
Dieses Buch ist unverzichtbar für die Einschätzung und das Verständnis des zeitgenössischen Amerika.