Cover des Buches Herrliche Tage (ISBN: 9783842402515)
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Rezension zu Herrliche Tage von Marco Meng

" ...das Leben ist ... ein Geschäft, dessen Ertrag bei weitem nicht die Kosten deckt."

von Dr_M vor 9 Jahren

Rezension

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Dr_Mvor 9 Jahren

Im Klappentext dieses Buches ist davon die Rede, dass die Geschichten in ihm "vom nie erlahmenden Versuch, das Dasein zu ergründen" handeln. Der Autor sei "auf der Suche nach dem wirklichen Leben". Beim Dasein wird es nicht viel zu ergründen geben, das sagt schon sein Name. Und gibt es ein wirklicheres Leben als das Leben selbst? Allein schon aus diesen Ankündigungen kann man entnehmen, dass die Texte von einem Menschen stammen, der seinen Platz unter den anderen sucht und nicht finden kann.

Was ich dann nach diesen merkwürdigen Ankündigungen gelesen habe, waren Situationsbeschreibungen, die immer wieder von einem Standpunkt der Nichtzugehörigkeit erzählt werden. Man wird in eine Geschichte geworfen, deren Anfang man nicht kennenlernt, findet sich in den Gedanken und Gefühlen des Erzählers wieder und wird dann nach kurzer Beteiligung am Geschehen wieder vor die Tür gesetzt, ohne das wirkliche Ende zu erfahren.

In nicht wenigen dieser Geschichten kann man die innere Welt und die Wahrnehmungen des Erzählers sehr gut nachempfinden. Vielleicht, weil man Ähnliches schon erlebt und gedacht hat. Dann fühlt man sich mit dem Autor seltsam verbunden und wird die Geschichte in Erinnerung behalten. Aber das muss natürlich nicht jedem so gehen. Andere Texte, meistens die extrem kurzen, sind dagegen entweder gar nicht oder nur schwer verständlich.

Die Erzählungen entstanden wohl in der Regel aus dem eigenen Erleben, haben geholfen, sich mit der Einsamkeit zu arrangieren oder mit dem Gefühl, nicht dazuzugehören oder mit der Abneigung gegen eine solche Zugehörigkeit. Selbst wenn man seine Biografie oder das, was uns in diesem Buch davon verraten wird, nicht kennt, spürt man aus den Texten die Zerrissenheit des Autors.

Als er den kroatischen Unabhängigkeitskampf mit der Waffe in der Hand unterstützen wollte, stellte er fest, dass "die meisten anderen Freiwilligen Geisteskranke oder Schwerkriminelle" waren. Dann schrieb er einige Zeit aus Russland für deutsche Blätter und arbeitete anschließend in Luxemburg für die Investmentbranche. Dabei wiederum bemerkte er, dass "die Welt der Finanzen und geschniegelten Karrieretypen" nicht die seine ist. Er hätte es eigentlich vorhersehen können.

Als freier Autor hat sich Meng nun vom Publikumsgeschmack abhängig gemacht. Den trifft er aber wahrscheinlich nur am Rande. Was nicht etwa bedeutet, dass er nicht schreiben kann. Das ganze Gegenteil ist wahr. Nur sehnt sich das große Publikum nach Unterhaltung und Botschaften. So etwas findet es aber zumindest in den Momentaufnahmen dieses Bandes nicht.

In einer Geschichte gehen im Kopf des Erzählers folgende Sätze spazieren: "Wir bilden uns ein Netz von Gedanken, ein Netz von Irrtümern, ein Netz, mit dem wir die Welt fangen wollen und doch in Wirklichkeit die Welt mit ihren Gedanken und Irrtümern uns fängt ... Und was fangen wir in unserem eigenen, sorgsam gepflegten, stets reparierten Netz? Wir fangen darin nur das, was sich eben mit diesem Netz fangen läßt".

Vielleicht kann der Autor eines Tages mehr mit seinem Netz fangen als nur Momentaufnahmen. Vielleicht steht er mit seiner Weltsicht weniger einsam da, als er selbst denkt. Das wird er aber nur durch einen größeren literarischen Versuch herausfinden können. Es könnte doch sein, dass sein Netz größer ist als vermutet.

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