Cover des Buches Obszönes Verhalten an privaten Orten (ISBN: 9783608503432)
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Rezension zu Obszönes Verhalten an privaten Orten von Marco Missiroli

Obszönes Verhalten an privaten Orten

von CanYouSeeMe vor 7 Jahren

Rezension

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CanYouSeeMevor 7 Jahren
Libero Marsell steht vor einer aufsehenerregenden Entdeckung. Gerade noch ein halbwüchsiges Kind, beginnt sich in seiner Hose plötzlich etwas zu regen. Beflügelt durch diese ungeahnte Entwicklung, arbeitet Libero nun zielstrebig daran, die schönen Frauen von Paris für sich zu gewinnen. Und findet sich unversehens in Sartres Lieblingscafé wieder. Kaum ist der junge Libero mit seinen Eltern nach Paris übergesiedelt, erwischt er die Frau Mama in flagranti mit dem besten Freund der Familie. Beflügelt durch dieses aufschlussreiche Ereignis auf dem Weg zur sexuellen Offenbarung, nähert sich der italienische Jungverführer der bildschönen Marie, ihres Zeichens Bibliothekarin, Liebhaberin italienischen Essens und der Literatur. Um sie zu beeindrucken, umgibt sich der junge Mann mit Albert Camus, übt männliche Wortkargheit mit Buzzati und Hemingway und landet schließlich im Pariser Existentialistencafé Deux Magots. Während seine Mutter von den Suffragetten zu Gott findet, die Eltern sich trennen und Liberos Kindheit hinter ihm in Stücke bricht, wächst er selbst zum Mann heran, und beginnt eine unbeirrbare Suche nach Eros und Ästhetik.

Der Titel ‚Obszönes Verhalten an privaten Orten‘ hat mich von Beginn an neugierig auf dieses Buch gemacht. Im Zusammenspiel mit dem Klappentext wird ein interessanter Coming-of-Age-Roman mit geheimnisvollem Protagonisten versprochen. Diese Versprechen kann der Roman halten, auch wenn sein Potential für mich nicht ganz ausgeschöpft wurde.


Der Schreibstil ist eher beschreibend, die von mir erwartete Emotionalität wurde von einer nüchternen Sachlichkeit ersetzt. Dies führ dazu, dass der Leser die Handlung aus einem relativ neutralen und wertfreien Blickwinkel erfährt, obwohl sie aus der Ich-Perspektive von Libero geschildert wird. Für mich ist diese Kombination durchaus ungewöhnlich, sie hat jedoch gut ins Gesamtbild des Romans gepasst.


Protagonist Libero blieb für mich immer ein wenig unnahbar, vielleicht liegt das gerade an seiner nüchternen Art zu erzählen. Ich möchte fast meinen, dass die großen Töne und Emotionen in den Feinheiten stecken und nur bei genauer Betrachtung zum Vorschein kommen. Als Leser begleitet man den Protagonisten durch verschiedene Stadien seiner Entwicklung, die auch als Anhaltspunkte für die Kapitelgliederung dienen. Libero ist ein interessanter Charakter, dessen Entwicklung die Handlung des Buches bestimmt eine angenehme Reise war.


Die Handlung an sich hat mir gut gefallen, Libero ist mir mit der Zeit ans Herz gewachsen. Einige Wendungen waren für mich mehr als Vorhersehbar, anderes kam unerwartet. Deutlich wird, wie Lib erwachsen wird, seine Entwicklung ist für den Leser spürbar und größtenteils nachvollziehbar.


Insgesamt hat mir ‚Obszönes Verhalten an privaten Orten‘ gut gefallen, es ist meinen Erwartungen gerecht geworden, vom Hocker konnte es mich jedoch nicht hauen. Meiner Meinung nach sollte man dieses Buch mit viel Ruhe und Muße genießen, denn vieles versteckt sich zwischen den Zeilen und benötigt Aufmerksamkeit um entdeckt zu werden.
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