Marcus S. Kleiner kommt um die Ecke, schmeißt mit Popgeschichte um sich und packt mir zwischen die Ohren ein ganzes politisches Mixtape – und zwar eins, das scheppert. Von Degenhardt bis Ebow, von Biermann bis Blond, der Mann lässt nix aus. Und endlich mal jemand, der versteht, dass Pop nicht nur Takt und Tanz ist, sondern Zündstoff mit Melodie.
Kleiner schreibt wie ein Musiknerd mit Haltung, der sich durch Jahrzehnte deutscher Geschichte hört und dabei den Staub von verkrusteten Politdiskursen bläst – mit ordentlich Bass. Ja, manchmal rutscht er in die Professoren-Schiene ab, da musste ich ein paar Sätze zweimal lesen (vielleicht lag’s auch am Bier), aber es bleibt spannend wie eine gute Setlist. Die Playlist-Tipps zwischendurch sind Gold wert – ich hab dabei ein paar Acts entdeckt, von denen ich vorher dachte, das wären Pokémon.
Man merkt: Das Buch ist nicht einfach so runtergeschrieben worden. Da brennt einer für sein Thema, das ist keine trockene Analyse, das ist Leidenschaft in Druckerschwärze. Trotzdem ein Stern Abzug, weil mir bei aller Liebe manchmal ein bisschen der Groove gefehlt hat – so ganz ohne Skandale, Gossip oder Gitarrensoli ist halt doch alles etwas sehr sauber kuratiert.
Fazit: Wer Pop bisher nur mit Bravo-Hits und Ballermann verband, wird hier ordentlich umerzogen – und das ist gut so. Nach der Lektüre sieht man Deutschpop mit anderen Ohren. Und ja, auch Tocotronic macht plötzlich Sinn. Danke, Herr Kleiner, Sie haben mein inneres Riot-Girl wieder geweckt – obwohl’s bei mir eher ein Riot-Typ ist.