Früher einmal zählten wir neun Planeten in unserem Sonnensystem. Dann schmiss man Pluto aus dieser Reihe und degradierte ihn zu einem Zwergplaneten, von denen in der Tat einige in unserem System herumfliegen. Ende 2003 entdeckten dann Brown, Trujillo und Rabinowitz einen weiteren dieser Zwerge. Später erhielt er den Namen Sedna. Dieses neue Objekt umrundet alle bisher bekannten Planeten in einer extrem langgezogenen Ellipse, deren sonnenfernster Punkt in einer Entfernung liegt, die ein Vielfaches des maximalen Abstandes des Neptun zur Sonne beträgt. Zu Sedna gesellten sich bald noch andere ähnlich große Brocken, die alle auf solchen Bahnen die Sonne umfliegen.
Beim Studium ihrer Bewegungen stellte man fest, dass man sie zusammen genommen sehr gut erklären können würde, wenn da noch ein recht großes Objekt wäre, das sich auch auf einer ähnlich weit entfernten Bahn bewegen würde, nur in die andere Richtung. Dieses Objekt, das noch nie jemand wirklich gesehen hat, heißt nun Planet 9. Unter selbsternannten Planetenforschern gibt schon lange die Vermutung, dass in unserem System ein solches Objekt vorhanden wäre. Sie nennen es Nibiru und berufen sich auf uralte Überlieferungen. Darauf geht der Autor dieses Buches nur ganz kurz am Ende ein, weil dieses Geschwätz eigentlich nicht der Rede wert ist. Die Voraussage eines Planeten 9 liegt dagegen auf einer ganz anderen Ebene und stammt von anerkannten Spitzen-Astronomen. Den entsprechenden Original-Artikel findet man im Anhang des Buches.
Da man Planet 9 noch nicht wirklich entdeckt hat, könnte man das Ganze auf ein paar Dutzend Seiten zusammenfassen. Doch Marcus Stöger macht daraus ein recht umfangreiches Buch. Und das liegt einfach daran, dass er auch weit vom Thema entfernte Zusammenhänge diskutiert, die sicher interessant sind, aber eigentlich nicht viel mit dem fiktiven Planeten 9 zu tun haben. Beispielsweise geht er auf die Suche nach anderen Planetensystemen ein. Oder auf die Struktur unseres Sonnensystems und dessen bisheriger Entdeckungsgeschichte. Oder auf die perspektivische Nutzung von Ressourcen außerhalb der Erde. Oder auf die Suche nach anderen Zivilisationen und die teilweise peinlichen Fehler dabei.
Der Mann hat Ahnung, und sein Buch liest sich ganz gut. Zwar behauptet Stöger, dass man es auch ohne große Physik- oder Astronomie-Kenntnisse lesen kann. Weitestgehend stimmt das auch. Manchmal jedoch trifft dies aber eben nicht zu. Und dann hapert es mit Erklärungen, die auch Menschen verstehen können, die sich nicht täglich mit Astrophysik befassen. Diese Stellen sind selten, aber es gibt sie. Darüber hinaus schreibt Stöger etwas selbstverliebt, was manchmal das Verständnis auch nicht gerade erhöht. Im Großen und Ganzen ist dieses Buch jedoch äußerst informativ. Besonders natürlich, wenn man sich für das Thema interessiert.
Irgendwie bewundere ich den Autor auch, denn er umkreist umfangreich und nicht langweilig ein Phantom. Wenigstens kann man das Himmelsgebiet inzwischen gut eingrenzen, wo sich Planet 9 aufhalten sollte, wenn es ihn denn gibt. Tatsächlich hat man viel zu wenig Daten, um eine genaue Bahn berechnen zu können. Und die ganze Prognose beruht nur auf Computersimulationen, denn es gibt einfach zu viele Unbekannte um Genaueres aussagen zu können. Faszinierend ist diese Geschichte auf jeden Fall. Man kann also gespannt sein, denn man sollte Planet 9 noch in diesem Jahrzehnt finden. Sagt man.
Gibt es den großen Unbekannten?