Beim „millstone around your neck“ handelt es sich um eine im englischprachigen Raum gängige Redewendung, die im Deutschen dem „Klotz am Bein“ entspricht.
Dieser Klotz ereilt Rosamund Stacey, eine wohlerzogene und gebildete jungen Cambridge-Absolventin, die an ihrer Doktorarbeit über elisabethanische Sonettsequenzen arbeitet und sich in Sachen Sex als „Viktorianerin“ bezeichnet, ausgerechnet in Form einer Schwangerschaft – nach ihrem einzigen sexuellen Kontakt, in Form eines One-Night-Stands, überhaupt.
Rosamund ist unverheiratet, in den 1960ern keine gute Voraussetzung, um ein Kind zu bekommen. Doch weder möchte sie George, den werdenden Vater einweihen, noch kommt einer der beiden anderen Männer, die sie regelmäßig datet, als Ehemann in Frage. Überhaupt ist das eine recht seltsame Vereinbarung, die Rosamund da getroffen hat: Sie vermeidet es tunlichst mit einem der beiden zu schlafen, jeder der beiden glaubt aber, dass sie es mit dem anderen täte.
Ihr Versuch die Schwangerschaft vorzeitig zu beenden, ist allerdings auch sehr halbherzig, Gin und ein heißes Bad sind die erste Wahl, und so beschließt sie das Kind zu bekommen und allein aufzuziehen.
„... ich habe einfach nie daran geglaubt, dass ein einziges uneheliches Kind meiner Karriere Schaden zufügen könnte.“
Das tut es auch nicht wirklich: Sie habilitiert, bekommt sofort danach eine gute Stelle und kann ihrer Arbeit nachgehen, weil sie auch für ihre Tochter Octavia eine gute Betreuung gefunden hat.
So fügt sich alles wunderbar Rosamunds fester Überzeugung, dass man es im Leben allein schaffen muss - was die Konsequenz daraus ist, dass sie eine extrem konfliktscheue Frau ist, die niemanden zur Last fallen möchte.
Sogar die Vorsorgeuntersuchungen, würde sie lieber nicht wahrnehmen – aber nicht weil es ihr so unangenehm ist (was es ist, äußerst grotesk anmutende Szenen spielten sich da in den 60ern ab), sondern hauptsächlich deswegen, weil der Arzt jetzt wegen ihr arbeiten muss.
Etwas, dass sich ändert, als ihre Tochter sehr krank wird und operiert werden muss. Als sie sie nach dem Eingriff besuchen will, wird sie im Krankenhaus nicht zu ihr gelassen (die 60er waren auch in dieser Hinsicht eine Katastrophe) – etwas, das ihre Auseinandersetzungsbereitschaft einem Raktenantrieb gleich zündet …
„Mühlstein“ wurde im Original 1965 veröffentlicht, in der deutschen Übersetzung erstmals 1987.
Nun hat der Schweizer Dörlemann Verlag eine mit überarbeiteter Übersetzung und mit einem wunderbaren Nachwort von Verena Roßbacher versehene Neuauflage veröffentlicht, die ich sehr und gern empfehlen kann.
Denn Dame Margaret Drabble lässt ihrer Hauptfigur eine erstaunliche Entwicklung zuteil werden und gibt unsentimentalen Einblick in das Leben lediger Mütter – wenn auch Rosamunds Warte eine durchaus privilegierte ist.
Für seine Zeit sicherlich ein radikaler Roman. #Leseempfehlung