Cover des Buches Das Meer am Morgen (ISBN: 9783832162603)
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Rezension zu Das Meer am Morgen von Margaret Mazzantini

Schicksale vom meer getrennt

von dicketilla vor 10 Jahren

Rezension

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dicketillavor 10 Jahren
Farid hat noch nie das Meer gesehen, er wohnt in einer der letzten Sahara-Oasen.
“Der böse Blick trifft nur auf das Amulett, und du bist in Sicherheit.,
hat seine Mutter ihm erklärt.” (S.119)
Alle Kinder tragen es. Er liebt seine Mutter Jamila, die Gesang studiert hat,
aber der Vater erlaubte nicht, dass sie für andere sang.
So sang sie für Farid, sie die gerade mal 20 , und aussah wie seine Schwester. Sein Vater trug den stolzen Namen Omar, wie einst der Held der Wüste, Anführer der Beduinen. Der Großvater führte Touristen durch die Wüste. In der Ferne tobte der Krieg, bis er ihre Häuser erreichte.
Sie schossen von den Dächern mit ihren fanatischen Gesichtern.
“Entweder du kommst mit und kämpfst bei uns oder du bist so gut wie tot. (S.18)
Der Vater schoss in die Luft, da stießen sie ihn vom Dach.
Entlang der Flüchtlingslager brechen sie auf Richtung Meer, Faid und Jamila . Dort wartet ein rostiger Kahn, und der Menschenhändler kassiert die Fahrt.

Vito hat gerade so das Abitur gemacht, von der Mutter immer wieder gedrängt. Er verbringt einen Sommer auf der faulen Haut,
nicht wissend was er mit seinem Leben anfangen soll. Auf der anderen Seite des Meeres herrschte Krieg. Die Auffanglager platzten aus den Nähten. Er sah den Rest eines Bootes, mit einem arabischen Stern samt Mond. Lange aß er schon keinen Fisch mehr, was die Fische fraßen gefiel ihm nicht, und begleitete ihn bis in seine Träume. Seine Mutter Angelina war 11 Jahre lang Araberin gewesen. Die Großeltern waren 1938 in Libyen an Land gegangen. Viele der Italiener waren Juden. Arme unter anderen Armen. Sie besiedelten das Land, und legten Felder und Plantagen an.
Doch dann brach der Krieg aus, man jagte die italienischen Siedler nach Hause. Überladene Arche Noas wie die Flüchtlingsboote heute.
Doch sie wurden nicht als Heimkehrer gefeiert, blieben die Italiener aus Tripolis. Tripolitanier, weder hier noch dort.
Die Geschichte seiner Mutter war ein zertrümmertes Leben.

Es werden zwei Schicksale erzählt, und es ist kaum zu ertragen welche Ungeheuerlichkeiten der Krieg hervorbringt.
Margaret Mazzantini klagt nicht an, sie erzählt, und das in einer poetischen Sprache. Sie erzählt wie begeistert der kleine Farid von der Gazelle ist, von der Schönheit der Wüste, und schon kommt die Gefahr bedrohlich näher. Von den Flüchtlingen, ihrer Heimat, ihres Lebens, ihrer Geschichte beraubt. Gaddafi holte sich wieder zurück, was ihm gehörte.
Von der Erinnerung Vitos, an das Leben seiner Mutter,
und wie er am Strand einen Beutel mit einer Kette findet, einst als Glücksbringer gedacht. Das Schicksal zweier Familien, vom Meer getrennt, und dennoch viel verbindet.

Ein aufwühlendes Buch, und wie das Meer, füllen sich am Ende meine Augen mit Tränen. Ein schmales Buch mit einer großen Aussagekraft.

“ Die Geschichte des Menschen ist die Geschichte seines Hungers.
Die Geschichte von Hungernden, die sich auf den Weg machen.
Es ist der Hunger der Armen, der Siedler, der Flüchtlinge.
Es ist der gierige Hunger der Mächtigen.” (S.101)
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