Nachdem sich Melanie von ihrer Tuberkulose-Erkrankung und der Geburt ihres Kindes einigermaßen erholt hat, verlangt sie bei einer Untersuchung von ihrem Arzt die Versicherung, dass sie nicht sterben wird. Doch der Arzt kann ihr das nicht mit gutem Gewissen versprechen. Zwar sagt er, dass es ihr momentan besser geht, aber auf ihre wiederholte, fast verzweifelte Frage weicht er geschickt aus.
Melanie ist von ihren Liebsten umgeben und möchte sich, da es ihr endlich besser geht, ein wenig ausruhen. Da fällt ihr die Chaiselounge ein, die sie vor einiger Zeit in einem Antiquitätengeschäft gekauft hat. Sie legt sich darauf, schläft ein … und als sie aufwacht, ist auf einmal alles anders. Plötzlich befindet sie sich in einer anderen Zeit, umgeben von fremden Menschen, die sie Milly nennen.
In der Buchbeschreibung stand der Satz „Kafka meets Feminism“. Obwohl ich noch nichts von Kafka gelesen habe, glaube ich zu verstehen, was gemeint ist. Die Geschichte hat etwas Surreales, fast Albtraumhaftes, und strahlt eine ganz eigene Art von Horror aus. Die Gedanken, die Melanie (oder Milly?) hier durchlebt, sind philosophisch, düster und teilweise verstörend.
Besonders spannend fand ich die Szene, wie Melanie Millies Körper betrachtet und sich fragt, ob sie darin etwas von sich selbst wiedererkennt. Ich finde, man spürt dabei auch sehr deutlich ihre Gefühle. Der Gedanke, dass dieser Körper eigentlich schon tot und verwest ist, hat für sie etwas zutiefst Unheimliches. Auch die Kritik am Umgang mit Frauen, sowohl in Millies Zeit als auch in Melanies Gegenwart, wird sehr deutlich. Zum Beispiel, wenn Melanie sich selbst immer wieder als „dumm“ bezeichnet, um ihre eigenen Aussagen abzuschwächen, einfach um nicht das Recht zu verlieren, ihr Baby zu sehen oder sich frei zu bewegen.
Die Verschmelzung von Millies und Melanies Gedanken ist unglaublich gut umgesetzt. Melanie ist gefangen in der Vergangenheit, in ihrem Kopf, in der Frage, wer sie eigentlich ist..
Der Schreibstil ist erstaunlich flüssig und für einen Klassiker leicht zugänglich. Ab dem ersten Drittel hat mich das Buch komplett gepackt, und ich konnte nicht mehr aufhören zu lesen. Es liest sich fast wie ein Bühnenstück in Romanform -intensiv und atmosphärisch dicht.
Ein faszinierendes, beunruhigendes Buch, das zum Nachdenken über Identität, Zeit und die Rolle der Frau anregt. Mir hat es richtig gut gefallen.
*unbezahlte Werbung- Rezensionsexemplar







