Rezension zu "Die schöne Frau bedarf der Zügel nicht" von Margherita Costa
Die Autorin Christine Wunnicke entwirft in ihrem Buch ein schillerndes Porträt einer Frau, die vom Leben nicht genug bekommen konnte. Margherita Costa wurde um 1600 in Rom geboren. Sie schrieb zu Lebzeiten fünfzehn Bücher, Gedichtbände, Opernlibretti, eine surreale Sexkomödie, ein geistliches Epos, fiktionale Liebesbriefe und das Skript für ein Pferdeballett.
Außerdem war sie Opernstar, Geliebte eines Fürsten, Räuberbraut, hatte viele Töchter unklarer Herkunft, war Satirikerin, Feministin und Pornographin - eine vielseitige Virtuosin in verschiedensten Disziplinen. "Die wildeste Dichterin Italiens" verliebte sich in einen calabresischen Raubmörder und ging als Poetin zeitweise bei den Medici und in verschiedenen Papstfamilien ein und aus.
Wunnicke spürt in ihrem Text dieser besonderen Frau nach, die sich als eigenständige Hure / Kurtisane verdingte (das war in Rom zu der Zeit legal) und von Männer gar nichts sagen ließ.
Ihr wohl berühmtestes Buch ist "Lettere amorose" (dt. Liebesbriefe) ein enzyklopädisches Lehrbuch über alle Arten der Liebe aus Männer- und Frauenperspektive. Ein venezianischer Verlag druckte es 1639 und es erschien bis ins 18. Jahrhundert in verschiedenen Anthologien.
Erstaunlich, dass Costas Texte 400 Jahre alt sind und doch hochaktuell:
Geradezu feministisch ist das Gedicht über das Älterwerden und Vergehen der weiblichen Schönheit (s .165), indem Costa beschreibt, was Frauen für Strapazen aufsichnehmen, um im Wettbwerb der Schönheiten zu konkurrieren, bzw. mithalten zu können. Am Ende des Textes kommt sie zu dem Ergebnis, "nie wieder ihr Gesicht zu dekorieren", weil man auf dem Parnass (im Reich der Dichtkunst) die Schminke eh nicht braucht.
Das Buch enthält nicht nur Costas Biographie, sondern auch ein Werkauswahl ihrer Gedichten, zweisprachig - auf Italienisch und Deutsch, wobei es die erste Übersetzung ins Deutsche überhaupt ist!