Rezension zu "Das Geheimnis meines Erfolgs" von Margit Mössmer
Der Roman setzt mit einer verwirrenden Szene ein: Ein Kind, das einsehen musste, dass es „kein Bandit war“, schwingt sich an einem Februarmorgen nackt aus dem Fenster, kann sich festhalten, aber nicht mehr lange, und ruft nach einer Nina, die gerade noch rechtzeitig aus der Küche hochkommt und das Kind ins Zimmer zieht. Diese Szene wird erst am Ende des Buchs aufgelöst.
Dazwischen die Entwicklung des Mädchens Alex(andra) von der Geburt bis zu der soeben geschilderten Szene. Und dieses Dazwischen hat es in sich, denn Alex ist ein spezielles (autistisches?) Kind. Es versteht die Welt nicht, schreit andauernd, isst kaum und bringt die alleinerziehende Mutter Nina zur Verzweiflung. Erst langsam stellt sich so etwas wie Alltagsbewältigung für Kind und Mutter ein, zu der auch Patrick beiträgt, Ninas Bruder, denn er schleppt DVDs an, die Alex, ohne zu schreien, anschaut und bald sämtliche Filme auswendig kann. Nicht alle sind jugendfrei, aber Patrick nimmt es nicht so genau, und für Alex ist Arielle oder Findet Nemo genauso spannend wie 2 Fast 2 Furious oder Spiel mir das Lied vom Tod. Zitate und Mimik aus den Filmen helfen ihr, mit anderen Kindern zumindest ansatzweise in Kontakt zu kommen, selbst wenn Alex auf diesen Kontakt keinen Wert legt, bloß begreift, dass sie damit ihrer Mutter Freude bereitet.
Der Schuleintritt ist eine besondere Herausforderung, denn Alex ist eben nicht wie die anderen, verträgt keine Nähe und schon gar nicht eine Berührung, was im Gewusel eines Klassenzimmers unvermeidbar ist. So wird als Lösung das Klavierzimmer gefunden, in dem Alex gemeinsam mit einem krebskranken Mädchen, das aufgrund seiner Immunschwäche das Klassenzimmer meiden muss, den Schultag verbringt. Dieses Arrangement findet Alex gut, doch es hält nicht allzu lang.
Was Alex sonst noch gut findet und was nicht, erfahren wir im Laufe des Romans, denn er bietet einzig die Sicht dieses Kindes auf dessen Umfeld. Erst das Auftauchen einer Nachtigall, die Alex hilft, sich „richtig“ zu verhalten, lässt Alex etwas entspannter interagieren und Strömungen, die nicht „angenehm kühl“, sondern „gefährlich heiß“ sind, aushalten. Doch dauernd kann Alex nicht auf einen Vogel hören. Oder? Nina, diese beherzte Mutter, die für Alex ein „kühler, großer, weicher Felsenpinguin“ ist und für die das Herz des Kindes vor Liebe platzt, weiß auch dafür Rat. Man kann diese Nina nur bewundern, aber auch in die Welt der kleinen Alex eintauchen und um einige Erkenntnise reicher wieder auftauchen. Das bringt Margit Mössmer mit ihrer konsequent durchgehaltenen Kindesperspektive und einer angenehm schnörkellosen Sprache zustande.