Cover des Buches Kreutzersonate (ISBN: 9783446202214)
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Rezension zu Kreutzersonate von Margriet de Moor

Eine uralte Geschichte...

von parden vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Ein sinnlicher Text voller klingender Noten, ein schönes Lesevergnügen der leisen Töne...

Rezension

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pardenvor 7 Jahren
EINE URALTE GESCHICHTE...

Eine uralte Geschichte erzählt Margriet de Moor mit ihrer "Kreutzersonate". Nämlich die Geschichte einer Liebe. Und die Geschichte einer Eifersucht.

Seit einer verhängnisvoll verlaufenden Beziehung in jungen Jahren hat der blinde Musikkritiker Marius van Vlooten nie mehr wirklich geliebt. Viele Jahre später reist er zu einem Meisterkurs in Bordeaux in der zufälligen Gesellschaft eines jungen Musikologen, der ihm ein lebendiges Porträt der Geigerin Suzanna Flier zeichnet und die beiden miteinander bekannt macht. Als van Vlooten sie den Part der ersten Geige in Janáceks Streichquartett "Kreutzersonate" spielen hört, wird er, ohne es zu wollen, zu einer Gestalt aus einer Tragödie, die auf ihr eigenes, unausweichliches Ende zustrebt...

Margriet de Moor, die selbst Klavier und Gesang studierte, versteht es auf subtile und feinfühlige Art, die Themen Musik und Liebe miteinander zu verweben. Aus der Perspektive des reisenden Musikologen als Ich-Erzähler erscheint die Erzählung gleichzeitig distanziert und doch zutiefst menschlich, verständnisvoll und nachvollziehbar. Die Spannung der Erzählung ist sehr fein gesponnen aber wirkungsvoll und die überraschenden Wendungen, die die Beziehungen nehmen, sind sehr lesenswert. Ein sinnlicher Text voller klingender Noten.

Wer etwas für klassische Musik übrig hat, wird das Buch noch mehr genießen. Denn Literatur und Musik haben sich im Laufe der Jahrhunderte gleichermaßen immer wieder inspiriert, wie unten noch zu lesen sein wird. Es gibt hier also ein immer wiederkehrendes Thema und damit eine uralte Geschichte - hier einmal mehr in ein neues Kleid gewandet, auf den Leib der heutigen Zeit maßgeschneidert von Margriet de Moor...

Für mich ein wahrhaft schönes Lesevergnügen der leisen Töne.

Als ich jedoch mit diesem Buch begann, wusste ich ehrlich gesagt überhaupt noch nicht, auf was ich mich da einließ. Ja, hinten auf dem Buchrücken stand etwas vom Dialog der Autorin mit den großen Meistern, doch sagte mir das erst einmal gar nichts. Auf den ersten Seiten dann konnte ich mich zunächst nicht wirklich auf den Text konzentrieren. Bei dem Titel "Kreutzersonate" klingelte ganz leise etwas bei mir. Gab es das nicht auch tatsächlich als Musikstück? Bach? Nein, Beethoven musste das doch gewesen sein...

Weil mir die Frage keine Ruhe ließ, forschte ich im World Wide Web und wurde fündig. Tatsächlich: Beethoven hatte seine Violinsonate Nr. 9 so benannt, weil er sie einem Violinisten namens Kreutzer gewidmet hatte. Der hat sie zwar selbst nie gespielt, doch seither ist sein Name untrennbar mit dieser Sonate verbunden. Na, dachte ich, dann konnte ich mir diese Sonate doch gut anhören, während ich in dem Buch las. Und es versetzte mich in eine richtig schöne Stimmung - in einer Hand das Buch, in der anderen ein Glas Wein und im Hintergrund das virtuose Geigenspiel mit Klavier.



Doch als ich knapp die Hälfte des Buches so gelesen hatte, stutzte ich. Nicht Beethoven tauchte hier im Text als der Urheber der vertonten Kreutzersonate auf, sondern ein ungarischer Komponist namens Janácek. Meine Verwirrung wuchs - wieviele Kreutzersonaten gibt es denn bloß?

Also erneut im Internet geforscht und Verblüffendes zu Tage gefördert. Beethoven war tatsächlich der Erste, der die Kreutzersonate komponierte (1802) und ihr den Namen gab. Doch dann ließ sich kein geringerer als Tolstoi von diesem Werk inspirieren und schrieb nun seinerseits die Novelle "Kreutzersonate" (1889).
Der ungarische Komponist Janácek wiederum beschäftigte sich mit Tolstois Werk und schrieb im Alter von 69 Jahren ein Streichquartett mit ebendem Titel "Kreutzersonate" (1923). Einer möglichen Interpretation zufolge könnnten die vier Sätze des Stückes von Janácek verschiedenen Abschnitten der Erzählung Tolstois entsprechen. Und Margriet de Moor hat sich nun letztlich von Janáceks Werk inspirieren lassen und schrieb ihre Erzählung "Kreutzersonate" in eben dieser Tradition (2002).

Mit diesem Hintergrundwissen hörte ich mir auch noch Janáceks Kreutzersonate als Begleitung zu meiner Lektüre an, auch um manche Passagen des Buches noch besser verstehen zu können.
Somit hat mir das kleine Büchlein ungeahnt eine Kulturreise durch die Jahrhunderte und quer durch Musik und Literatur beschert. Ich muss sagen, dass ich es wirklich genossen habe...


© Parden
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