Cover des Buches Cassandra (ISBN: 9783863863401)
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Rezension zu Cassandra von Maria Nord

Sehr bewegend und nichts für schwache Nerven

von LettersFromJuliet vor 11 Jahren

Rezension

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LettersFromJulietvor 11 Jahren

***Inhalt***
Maria ist ein lebhaftes und leicht chaotisches Kind, welches es nicht leicht hat. Sie ist Zigeunerin. Sie will keine Zigeunerin sein. Sie findet die “Weißen” viel interessanter.
Als sie in die Pubertät kommt entwickelt sie sich langsam zu einer Frau. Sie erblüht wie eine Blume. Männer finden sie ansprechend und sie ist zur falschen Zeit am falschen Ort. Sie wird von 5 Männern für mehrere Tage verschleppt. Vergewaltigt. Gequält. Misshandelt. Beschmutzt.
Mit diesem Buch versucht sie dieses Erlebniss zu bewältigen.

***Meine Meinung***
Biografien und Erfahrungsberichte, bei denen Menschen schlimme Dinge passiert sind, sind eine Herausforderung für jeden Rezensenten. Es ist schwierig die richtigen Worte zu finden, da man den Autor nicht verletzen möchte. Ich finde solche Bücher interessant, aber auch erschreckend. Allerdings habe ich nach dem Lesen immer Angst davor die Rezension zu schreiben. Ich will einfach nichts falsches schreiben.
Die Autorin hatte mich gefragt, ob ich ihr Buch lesen möchte und ich habe direkt zugesagt. Sie war mir auf Anhieb sympathisch und ihre Geschichte schien bewegend und interessant zu sein.
Wer “Splitterfasernackt” von Lilly Lindner gelesen hat, der sollte auch dieses Buch lesen. Es geht in die gleiche Richtung.
Im ersten Drittel erzählt sie von ihrer Kindheit. Sie war ein sehr lebhaftes Kind, welches nur schwer zu bändigen war. Es war nicht immer einfach mit ihr, selbst ihre Familie hatte Probleme mit ihrer Art.
Sie will eigentlich keine Zigeunerin sein, sie will von der Gesellschaft nicht ausgegrenzt werden. Außerdem erhalten Zigeuner keinerlei Förderung. Sie sollen und wollen dumm bleiben. Und genau das ist Maria nicht, dumm.
Im zweiten Drittel berichtet sie dann über die Vergewaltigungen und die Qualen, denen sie ausgesetzt war. Es war sehr erschreckend zu lesen und ich musste das Buch öfters mal zur Seite legen. Dann wollte ich aber auch weiterlesen, ich wollte wissen wie es weitergeht und vor allem wie sie es geschafft hat nach diesem Ausflug in die Hölle weiterzuleben.
Im letzten Drittel geht es um die Zeit danach, was sie mit ihrem Leben anfängt und wie sie versucht weiterzuleben.
Wieso das Buch übrigens Cassandra heißt, wenn die Autorin doch Maria als Vornamen hat, möchte ich gar nicht erzählen. Dieses Rätsel muss man dann schon selber lösen. Denn auch das wird einen erschrecken.
Ich habe nichts gegen irgendeine Nationalität und ich habe kein Problem damit, neue Leute kennenzulernen, egal woher sie kommen. Bei Zigeunern bin ich jedoch zwiegespalten. Auf der einen Seite bin ich seit meiner Kindheit fasziniert von ihnen. Ich habe den dritten Sissi-Teil mit Romy Schneider gesehen und diese ursprüngliche Art von ihnen (in bunten Holzwagen umherziehen) gefällt mir immer noch sehr gut. Die Zigeuner jedoch, die man hier in Deutschland trifft, sind nicht so mein Fall. Sie grenzen sich von der Gesellschaft ab und sie werden von der Gesellschaft abgegrenzt. Sie treten auf, als wenn ihnen die Stadt gehören würde. Sie plündern die Büffets in Restaurants. Das sind zumindest meine Erfahrungen. Ich will mit diesen Zeilen niemanden angreifen! Ja, wahrscheinlich haben sie es auch nicht einfach. Schließlich haben sie kein eigenes Land! Sie sind in der ganzen Welt verteilt, aber es gibt keine richtige/geografische Heimat für sie.
Ich hätte dem Buch sehr gerne die volle Punktzahl gegeben, aber die vielen Rechtschreibfehler konnte ich dann doch nicht außer Acht lassen. Man muss bedenken, dass sie Ausländerin ist und das Buch selbst verlegt wurde. Trotzdem bin ich immer wieder über diese Fehler gestolpert, was teilweise doch recht störend war. Das tut jedoch ihrem Schreibstil keinen Abbruch! Die deutsche Sprache kann man lernen, ein guter Schreibstil liegt einem aber im Blut!
Ich hoffe wirklich, dass dieses Buch Frauen erreicht, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und es ihnen zumindest ein kleines bisschen hilft, mit ihrer neuen Situation klarzukommen. Maria hat hier mit versucht die schrecklichen Erlebnisse zu verarbeiten. Natürlich ersetzt das Schreiben oder Lesen eines Buches, nicht eine professionelle Therapie! Es kann einem jedoch weiterhelfen!
Mir ist selten ein Buch so nah gegangen. Auch jetzt, zwei Wochen nach Beendigung, muss ich immer wieder daran denken. Es ist zwar sehr erschreckend und ganz bestimmt nichts für schwache Nerven, aber es strahlt so viel Stärke, Kraft und Mut aus. Ich bewundere die Autorin, dass sie trotz allem weitergelebt hat, dass sie sich ein Ziel gesteckt und dieses verfolgt hat.
Dieses Buch kann ich absolut weiterempfehlen! Allerdings, wer schwache Nerven hat, sollte dann doch besser die Finger davon lassen. Das ist endlich mal ein Buch welches, ich verschenken würde, an Menschen die solche Geschichten zu würdigen wissen und mit ihnen umgehen können.
Ich würde mein Exemplar nicht mehr hergeben wollen, sollte eine korrigierte Version auf den Markt kommen, trotz der Rechtschreibfehler. Was u.a. auch an der Widmung liegt, über die ich sehr froh bin. Ich werde es in Ehren halten!

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