Cover des Buches Im Blick (ISBN: 9783218011099)
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Rezension zu Im Blick von Marie Luise Lehner

Ein feministischer Roman, aber leider kein guter ...

von Aischa vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Jede Menge Drogen und sexuelle Übergriffe, angeprangert werden nur letztere - nicht mein Verständnis von Feminismus

Rezension

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Aischavor 6 Jahren
Der Roman hat mich sehr enttäuscht. Mag sein, dass ich von Autorin Marie Luise Lehner als Alpha-Literaturpreisträgerin 2017 sprachlich mehr als Durchschnitt erwartet habe.
Es mag auch an dem für mich missverständlichen Klappentext liegen, der von der Wut der Protagonistinnen spricht. Einer Wut aufgrund sexueller Übergriffe, die Antrieb zum Kampf gegen Sexismus ist.
Doch genau diesen Kampf habe ich im Buch vermisst. Ich glaube nicht, dass Wut allein Veränderungen bewirken kann, dazu muss sie konstruktiv genutzt werden, und das kann ich in dieser Erzählung nicht erkennen.

Die Sprache ist in Ordnung, mit den sich abwechselnden Erzählebenen Kindheit/Jugend und aktuelle Beziehung bin ich klar gekommen, aber eine überdurchschnittliche schriftstellerische Leistung konnte ich darin nicht erkennen.
Über den Inhalt habe ich lange nachgedacht, sehr lange. Eigentlich ein gutes Zeichen, wenn mir ein Buch nicht gleich nach der letzten Seite aus dem Sinn gerät.
In diesem Fall allerdings bleiben einfach zu viele offene Fragen, allen voran: Was will mir die Autorin sagen?
Ja, es gibt zu viele sexuelle Übergriffe, und nein, Frauen und Mädchen (im Übrigen auch Jungen und Männer) sind nicht selbst daran schuld.
Aber dennoch heiße ich es nicht gut, wenn sich die Protagonistin derart mit Drogen zudröhnt - und das in der Wohnung mit einem Zufallsbekannten, dessen Namen sie noch nicht einmal weiß - dass sie nicht mehr nach Hause gehen kann und es daher zu nicht einvernehmlichem Sex, sprich: einer Vergewaltigung, kommt. Wo bleibt hier der Kampf gegen Sexismus? In der Schilderung des Vorgefallen?
Ja, auch ich denke, dass sich Frauen noch viel mehr solidarisieren müssten. Aber hier fehlen mir im Buch außer einem manifestartigen Aufruf am Schluss hilfreiche Vorschläge. Wie muss Erziehung aussehen, damit junge Mädchen selbstbewusst NEIN sagen und Grenzüberschreitungen benennen und gegebenenfalls anzeigen? Wie können wir Zivilcourage stärken?
Was ich außerdem vermisse: Wie geht es der Protagonistin damit, Zeugin und Mitwisserin von zahlreichen Übergriffen zu sein, die nicht verfolgt wurden?
Für mich ein außergewöhnliches Buch, aber (bis auf die für den Verlag gewohnt hochwertige Gestaltung) leider im negativen Sinn. Der Roman hat mich weder gut unterhalten noch habe ich aus feministischer Sicht dazu gelernt oder Anregungen für ein besseres Miteinander der Geschlechter erhalten. Von mir daher keine Leseempfehlung.
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